Schunkeln mit den Asylbewerbern

MGV-Boss Bernd Gothe über Integration im Gladbacher Karneval.

Foto: Isabella Raupold

Sind die Karnevalszüge sicher?

Bernd Gothe: Natürlich sind sie das. Wir haben seit einigen Jahren ein umfassendes Sicherheitskonzept, das eng mit der Polizei abgestimmt ist. Möglicherweise wird die Polizei dieses Jahr noch präsenter sein. Ich habe den Eindruck, dass der Polizeipräsident sich des Themas sehr gewissenhaft annimmt. Wir sind im permanenten Austausch und werden uns kommende Woche weiter abstimmen.

Geht im Zweifelsfall die Sicherheit vor?

Gothe: Natürlich. Und für die ist die Polizei verantwortlich und kann und muss die Lage entsprechend einschätzen. Wann immer es ernstzunehmende Hinweise aus bekannten Quellen gibt, muss die Polizei im Zweifel Großveranstaltungen absagen, so wie beim Länderspiel in Hannover. Es kann aber auch nicht sein, dass jeder Trittbrettfahrer, der einfach mal mit einer Bombe droht, den Veilchendienstagszug stoppen kann.

Haben Sie Verständnis für die Absage des Karnevalszugs in Rheinberg?

Gothe: Nein. Da werden auch Sachen vermengt, die nichts miteinander zu tun haben. Natürlich braucht eine Veranstaltung dieser Größe ein Sicherheitskonzept. Das hat aber nichts mit dem Thema Flüchtlinge zu tun. Wenn ich ein solches Sicherheitskonzept nicht habe, dann kann sich so eine Veranstaltung auch nicht durchführen. Da hätten sich die Kollegen vielleicht besser mal vorher informieren sollen, wie man so etwas macht.

Geht Karneval mit einer Armlänge Abstand?

Gothe: Nein. Weil man dann nicht schunkeln kann. Und genau das wollen wir: Wir wollen auch die Flüchtlinge, die neu zu uns kommen, in den Arm nehmen und mit ihnen Karneval feiern. Dass niemand, egal woher er kommt, Frauen belästigen darf, ist eine Selbstverständlichkeit, die man eigentlich nicht extra betonen muss. In Gladbach werden die Fußgruppen beim Zug auch weiter auf die Menschen offen und aktiv zugehen.

Und wie bekommen Sie die Asylbewerber zum Schunkeln?

Gothe: Wir werden in den kommenden Wochen in die Unterbringungen gehen und den Karneval vorstellen. Wir werden erklären, was dort passiert, was der Hintergrund ist, auch erklären, dass beim Zug eine Kanone zu sehen und zu hören ist. Wir erklären, dass jeder gerne mitmachen kann, der will. Karneval ist seit jeher gelebte Integration. Da feiern alle zusammen, egal was sie sonst im Leben tun. Wir werden den Asylbewerbern wie im vergangenen Jahr auch wieder Broschüren in ihren Landessprachen geben, um über unser Brauchtum zu informieren.

Die Flüchtlingswelle hat gleichwohl Auswirkungen auf den Karneval. Die Wenkbülle musste mit ihren Veranstaltungen umziehen. In Neuwerk wird direkt neben der Halle, in der gefeiert wird, gerade eine neue Unterkunft errichtet.

Gothe: Wenn so viele Menschen in unser Land kommen, hat das natürlich Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens. Die Karnevalisten nehmen das gerne in Kauf, um ihren Beitrag zu leisten. Die Initiative der Wenkbülle, die auch Flüchtlinge einladen, gefällt mir ausgesprochen gut.

Glauben Sie, dass das alle Karnevalisten so sehen wie Sie?

Gothe: Nein. Ich führe viele Gespräche, auch im Freundes- und Bekanntenkreis, bei denen ich mich über die Argumente und die Schärfe wundere. Da hat sich seit den Ereignissen in Köln spürbar etwas verändert.