Mönchengladbach Seniorin darf Urne ihres Mannes nicht umbetten
Die 87-jährige Maria Heinen hätte die Urne ihres Mannes näher an ihrem Wohnort. Das Verwaltungsgericht befand, dass das ihr Recht ist. Doch die Stadt Mönchengladbach ging in Revision.
Mönchengladbach. Martin Heinen ist am 8. Mai 2008 gestorben. Beigesetzt wurde er in einer Urnen-Doppelgrabstätte auf dem städtischen Friedhof an der Preyerstraße. Seiner Witwe Maria Heinen ist der regelmäßige Besuch des Grabes sehr wichtig. Allerdings ist der Weg dorthin für die inzwischen 87-Jährige im Laufe der Jahre immer schwieriger geworden. Wegen ihrer Arthrose-Erkrankung sitzt sie im Rollstuhl und muss von ihrer Tochter, Ruth Frenzen, geschoben werden.
Das letzte Stück der Strecke zum Grab besteht aus unebenem, matschigem Rasen mit Maulwurfhügeln. Unüberwindbar für die Rollstuhlräder. Deshalb beantragte Maria Heinen bereits am 4. September 2014 eine Umbettung der Urne in die Grabeskirche St. Matthias in Günhoven. Die Witwe wohnt im benachbarten Dorf Genhülsen, der Weg zur letzten Ruhestätte ihres Mannes wäre sogar — mit Hilfe der Tochter und bei gutem Wetter — gut ohne Auto zu schaffen.
Der Antrag auf Urnenumsetzung wurde von der Stadt abgelehnt. Begründung: Der Witwe sei der Weg zur Grabstätte auf dem Friedhof durchaus zumutbar. Die Stadt würde ihr auch entgegenkommen und einen Ausweis ausstellen, der sie berechtigen würde, auf den Friedhof bis in die Nähe des Grabes zu fahren — beziehungsweise gefahren zu werden.
Das letzte Stück über den unwegsamen Rasen hätte die Witwe aber auch weiterhin mit dem Rollstuhl überwinden müssen. „Meine Mutter leidet sehr darunter, dass sie nicht mehr bis zum Grab meines Vaters kommt“, sagt Ruth Frenzen. Sie bat Rechtsanwalt Ulrich Paulussen, die Interessen ihrer Mutter durchzusetzen. Das tat er. Mit Erfolg. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab der Klägerin Maria Heinen Recht.
„Der Rechtsanwalt, der die Stadt vor Gericht vertrat, hat in meinen Augen haarsträubende Argumente ins Feld geführt und ist der Klägerin ausgesprochen unsensibel begegnet“, sagt Rechtsanwalt Ulrich Paulussen, der das Gerichtsverfahren im Grunde genommen ohnehin so unnötig wie einen Kropf findet.
Zumal eine Urnenumsetzung an sich völlig unproblematisch sein kann. So hat erst kürzlich eine Witwe, deren Mann 14 Jahre auf dem städtischen Friedhof in Ohler gelegen hatte, dessen Urne in das St. Kamillus Kolumbarium verlegen lassen. Die Gründe sind so ähnlich wie die von Maria Heinen — kürzerer Weg zur Grabstätte und beim Totengedenken in der Kirche vor Wind und Wetter geschützt.
Die Stadt hat gegen die Entscheidung des Verwaltungsgericht Revision eingelegt. In der Begründung heißt es: „Das Verwaltungsgericht hat eine Entscheidung getroffen, die von der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht und gegen die die Stadt jetzt eine Beschwerde eingereicht hat. Die Stadt Mönchengladbach hält dies mit dem Schutz der Totenruhe nicht vereinbar.“
Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts werde der Weg in eine Art „Urnentourismus“ geebnet. Der Richter hatte in der Urteilsbegründung genau dies thematisiert. Dort heißt es: Die mit der Umbettung verbundene Störung der Totenruhe kann im Einzelfall gerechtfertigt sein, „wenn das Recht auf Totenfürsorge in unzumutbarer Weise erschwert oder gar unmöglich gemacht wird“.