Siedlungsgründer Balderich: Aus Legende wird Gewissheit
Lehrer Christoph Nohn hat Siedlungsgründer Balderich nachgespürt.
Mönchengladbach. Den Balderich selbst kann man nicht befragen. Denn dass der Gründer der ersten Siedlung am Gladbach tot ist, belegt eine Eintragung im Totenbuch der Münsterkirche aus den Jahren 1137 und 1155. Aber es gibt Indizien, dass es sich um Balderich von Friaul gehandelt hat, jenen Markgrafen aus Norditalien, der aus der Gegend von Utrecht stammte, in der Zeit Karls des Großen zu den Vornehmen des Reiches gehörte und die erste Kirche Gladbachs gebaut hat.
Gesammelt hat die Indizien Christoph Nohn. Veröffentlicht werden sie im 31. Band zur Stadtgeschichte. „Wir wissen jetzt, dass hinter den Legenden eine historische Wahrheit steckt“, würdigt Gert Fischer, Kulturdezernent der Stadt und promovierter Historiker, die Arbeit Nohns.
Stadtarchivar Christian Wolfsberger bescheinigt der Arbeit, dass sie fundiert und genau sei. „Ich bin froh, dass Christoph Nohn sie gemacht hat. Wir schaffen das nicht. Wir konnten ihn lediglich unterstützen.“
Der 1966 in Gladbach geborene Lehrer, unter anderem für Geschichte, hat fünf Jahre lang seine Freizeit in diese Arbeit investiert. In der ging es ihm in erster Linie um die Gründung der Abtei. „Ich wollte einfach wissen, ob die Geschichte glaubhaft ist“, sagt Nohn. „Und dann habe ich mich daran festgebissen.“
Um die Indizien richtig bewerten zu können, hat er die politischen Verhältnisse in der Region und im gesamten Reich mit einbezogen. „Das ist die besondere Leistung der Arbeit“, sagt Fischer. „Auch wenn die Menschen damals Angst vor der Hölle hatten und deswegen Gutes tun wollten — wenn man ein Kloster an diesen Hang baut, verfolgt man damit ein politisches Ziel.“ Mit der Abtei trieb das Erzbistum Köln einen Stachel ins Fleisch des Bistums Lüttich, zu dem Gladbach damals gehörte.
„Die Gründung der Abtei dreht Mönchengladbach Richtung Ostreich, dem späteren Deutschland“, sagt Fischer. Das Reich Karls des Großen umfasste das gesamte Abendland und zerfiel nach seinem Tod in drei Teile. Das Westreich (Frankreich), das Ostreich (Deutschland) und das „Zwischenreich“ wie Fischer sagt, Lotharingien die Region an der Maas. „Dort, wo heute die Grenze verläuft, lag damals das Zentrum Europas“, sagt Fischer. „Deshalb ist die Geschichte so spannend wie ein Politthriller.“
Ob die erste Kirche Gladbachs unter der heutigen Münsterkirche oder der Citykirche liegt, dafür konnte Nohn keine Beweise finden. „Ich gehe allerdings davon aus, dass es die Münsterkirche war.“ Die Siedlung wurde am Hang gebaut, damit man unten in der feuchten Niederung des Gladbachs das Vieh weiden konnte und oben die fruchtbaren Böden als Acker nutzen konnte. „In diesem Fall können Beweise erbracht werden. Von Archäologen“, sagt er.