Mönchengladbach Ski-Freestyler begeistern 15.000 Fans bei Big-Air-Festival
Mönchengladbach. Mit der zweiten Auflage des Big Air Festivals in Mönchengladbach ist der Freestyle-Wintersport endgültig im Herzen Deutschlands angekommen. Bei klirrender Kälte erlebten an zwei Tagen mehr als 15.000 Zuschauer eine rasante Sport-Show im Weltklasseformat, statt vor grandioser Alpenkulisse am flachen Niederrhein.
Mönchengladbach gehört mittlerweile in eine Reihe mit Austragungsorten wie Peking, Oslo oder Mailand. Der Sportchef von Snowboard Germany plant bereits mit einer dritten Auflage in Mönchengladbach im kommenden Jahr: „Wir haben Bock drauf, weil es für uns eine Leuchtturmveranstaltung ist“, sagte Stefan Knirsch.
Big Air ist eine Snowboard-Disziplin, die bei den Olympischen Winterspielen in Südkorea erstmals ausgetragen wird. Die Organisatoren sorgten im Mönchengladbacher Hockeypark für absolut Olympia-verdächtige Verhältnisse, mit 1000 Kubikmeter Schnee aus der Neusser Skihalle und einem 300 Tonnen schweren Stahlgerüst, das nach zwölf Tagen Aufbau schließlich imposante 50 Meter hoch und 120 Meter lang war. Von dem Schanzentisch stürzten sich die Athleten furchtlos und kopfüber, teilweise mit vierfacher Drehung in die Tiefe. Drei Sprünge sind beim Finale der Flugshow verlangt. Im ersten Durchgang auf dem Snowboard schafften es bei den Männern gerade drei der zehn Starter, den Sprung zu stehen. Doch der Sport allein lockte die Massen nicht. Gepaart mit den musikalischen Top-Acts Kraftklub und Cro breitete sich dort, wo sonst eher eine ruhige Hockeykugel geschoben wird, an beiden Tagen Festival-Stimmung aus. Die Fans waren begeistert, ebenso die Sportler, die sich mitten unters Volk mischten. Es bildeten sich lange Selfie-Schlangen, und selbst Autogramme, hier eigentlich Relikte der vordigitalen Zeit, waren auf Shirts und Papier gefragt.
Die stylisch gekleideten Sportler suchten das Bad in der Menge. Da wurde nach dem Sprung halsbrecherisch das knapp 60 Kilometer schnelle Board vor dem Publikum mit einer hoch aufschäumenden Schnee-Fontaine abgebremst. Da klatschen sich Sportler mit Fans szenemäßig ab, natürlich auch Publikumsliebling Nicolas Huber. Der 22-jährige Züricher schaffte zum ersten Mal den Sprung in ein Weltcup-Finale und hoffte lange auf einen Podestplatz: „Ich habe mir hier einen ganz großen Traum erfüllt. Die Konkurrenz war extrem stark, und ich bin jetzt gar nicht traurig, nur Vierter geworden zu sein. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, hier abzuheben, die Menschenmenge rast am Auge vorbei. Ich hatte das Gefühl, ich springe da mitten hinein“.
Überlegene Sieger bei den Männern waren die Norweger. Im nicht olympischen Free-Ski-Wettbewerb siegte Christian Nummedal: „Es ist unglaublich. Die Location hier, die Zuschauer, alles passt. Ich bin überwältigt und freue mich riesig über meinen Sieg.“ Sein Landsmann Marcus Kleveland, erst 17 Jahre jung, wurde überlegener Sieger des Snowboard-Big-Air. Mit 97,50 Punkten für seinen dritten Sprung kam er dicht an die magische Grenze von 100 Punkten heran. Damit hätte er fast den „Deal“ geschafft. Denn bewertet werden die Luft-Artisten von Kampfrichtern, die vier Kriterien zu Grunde legen: Die Schwierigkeit des Sprungs und der Ausführung, sowie Flugweite und -höhe. Die Anfangsbuchstaben der englischen Wörter difficulty, execution, amplitude und landing ergeben demnach den besten „Deal“.
Zufrieden war auch Silvia Mittermüller. Während Cro sang, saß die 34-Jährige längst wieder im Auto einer Mitfahrgelegenheit nach München. Die Grande Dame des deutschen Snowboards wurde Neunte, verpasste nach langer Verletzungsmisere das Top-Sechs-Finale, schaffte allerdings die zweite notwendige Top-16-Platzierung für die nationale Olympia-Norm. Geteilter war die Freude von Snowboard-Bundestrainer Michael Dammert: „Ich freue mich natürlich über die Qualifikation von Silvia und auch von Nadja Flemming auf Platz 16. Beide zeigen konstante Leistungen und werden, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, in Pyeongchang dabei sein. Doch das Snowboard-Finale hätte mit diesem tollen Publikum eine deutsche Starterin verdient gehabt.“ Die Frauenwettbewerbe lagen fest in Händen der Schweizerinnen: Giulia Tanno im Freeski und Carla Somaini auf dem Snowboard. Die 26-Jährige Somaini zeigte sich extrem nervenstark, holte sich erst mit dem letzten Sprung den ersten Weltcupsieg ihrer Karriere.