Sozialpolitik: „Jedes Kind in Armut ist zu viel“
Ehrenamtliche Helfer sehen eine Zunahme von Kinderarmut. Die neuen Hartz-IV-Regelsätze scheinen die Situation nicht zu verbessern.
Mönchengladbach. "Kinderarmut ist grundsätzlich ein Skandal. In unserer reichen Gesellschaft ist jedes Kind, das in Armut leben muss, eines zu viel", sagt Brigitte Oltmanns vom Caritasverband Mönchengladbach.
Gerade mit Blick auf die neue Regelung von Hartz-IV-Sätzen ist das Thema Kinderarmut wieder in den Fokus gerückt. "Armut meint nicht nur materielle Armut", erklärt Oltmanns. Auch gesundheitliche und soziokulturelle Armut gehöre dazu.
Daher beäugt der Caritasverband Mönchengladbach skeptisch, dass die Mittel, die Hartz-IV-Familien für Bildung zur Verfügung haben, knapp bemessen sind. Monatlich ist bis zu 1,16 Euro für Bildung vorgesehen. Dazu sollen im Bildungspaket Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden.
Schon im Jahr 2008 hat die Stadt Mönchengladbach in ihrem Familienbericht festgestellt, dass die Kinderarmut besondere Beachtung verdient. Doch verlässliche Zahlen zu ermitteln ist schwierig. Die Arbeitsgemeinschaft Armutskonferenz Mönchengladbach hat dieses Thema für das kommende Jahr "auf die Agenda gesetzt".
Doch die ehrenamtlichen Helfer haben dazu eine eindeutige Meinung. Renate Bongartz-Thyssen vom städtischen Jugendclubhaus Westend hat in den vergangenen Jahren beobachtet, dass Kinderarmut ein zunehmendes Problem darstellt.
Seit einigen Wochen gibt es in der Einrichtung ein Kinderrestaurant, und die Resonanz ist groß: "Wir geben im Durchschnitt täglich 20 Essen aus." Und Bongartz-Thyssen geht davon aus, dass der Bedarf weiter steigt. "Wir haben eine stetigen Zulauf von alleinerziehenden Müttern", sagt Andreas Wenzel, Mitarbeiter der Mönchengladbacher Tafel. Im vergangenen Jahr waren elf Prozent der Tafel-Kunden alleinerziehend.
Die Zahl der Kinder, die von der Tafel versorgt werden, steigt genau wie die Gesamtzahl der Kunden von Jahr zu Jahr an. 24.171 Kinder-Rationen wurden im Jahre 2009 ausgegeben, 966 mehr als noch 2008.
Die Zahl der Kinder, die von Hartz IV leben, steigt in Mönchengladbach genau wie die Gesamtzahl der Sozialhilfebezieher. In Mönchengladbach waren das in einem Jahr rund 570 Kinder mehr (Mai 2010: rund 12 500 Kinder) - und das bei sinkenden Arbeitslosenzahlen.
Das liegt nach Einschätzung der Experten daran, dass einige Mönchengladbacher, obwohl sie eine Arbeitsstelle haben, auf die Unterstützung der Arge angewiesen sind, weil sie zu wenig verdienen, um davon leben zu können. Aktuell (Stand August 2010) sind das 6777 Menschen, 615 mehr als noch vor einem Jahr.