Spürnasen drücken wieder die Schulbank
Hunde trainieren das Fährtenlesen in einem Viersener Gymnasium.
Dülken. Hündin Luna ist die Begeisterung anzusehen. Mit wedelnder Rute steht sie auf dem Schulhof des Dülkener Clara-Schumann-Gymnasiums vor ihrem Besitzer, Thomas Prell-Holthausen. Der hat gerade die lange Lederleine vom Halsband an das Geschirr geklickt. Das ist für die einjährige Hündin das Startzeichen, dass es jetzt mit der Arbeit losgeht — dem „Trailen“, der Suche nach einer vermissten Person. „Wir starten die erste Runde hier draußen im vereinfachten Modus“, sagt Hundetrainerin Anja Landskron-Schumacher von der Hundeschule „Beziehungskiste“ in Niederkrüchten.
Thomas Prell-Holthausen, Hundetrainer
Prell-Holthausen reicht eine Dose voller Schinkenwurststücke an Schülerin Celina. Das Mädchen spielt an diesem Abend die zu suchende Person. „Du gibst Luna jetzt ein Stückchen, und dann läufst du über den Schulhof ins Schulgebäude. Bitte dabei Luna rufen und schauen, ob sie dir hinterher schaut“, sagt Prell-Holthausen. Sekunden später ist die 15-Jährige im Schulgebäude verschwunden und versteckt sich an einer vorab ausgemachten Stelle. Luna darf inzwischen an einem Schlüsselanhänger von Celina schnuppern. Das Kommando dazu, „schnuff, schnuff“, kennt die Hündin bestens. Kurz danach kommt dann das Kommando „go trail!“ Wie eine Rakete schießt Luna ins Schulgebäude und flitzt den Gang entlang, ihren Besitzer an der Leine hinter sich herziehend. „Beim Trailen dürfen Hunde ziehen“, erklärt Landskron-Schumacher. Hinter den Schließfächern der Schüler spürt die Hündin Celina sofort auf. Ein Leckerchen folgt als Belohnung.
Doch dann wird es schwieriger: Prell-Holthausen nimmt seine Hündin mit ins Foyer. Ohne dass Luna oder ihr Besitzer etwas sehen, sucht die Hundetrainerin ein Versteck für Celina aus — irgendwo im Gebäude. Dort, wo Landskron-Schumacher und Celina zuvor gestanden haben, darf Luna „scannen“, dort nimmt die Hündin die Gerüche der Menschen auf.
Wieder kommt der Schlüsselanhänger zum Einsatz, „schnuff, schnuff“ heißt es und dann: „Go trail!“ Die Nase mal am Boden, mal in der Luft zieht Luna an der Leine los. An der ersten möglichen Abzweigung schnüffelt sie intensiv. Links läuft sie weiter, dann die Treppe hinauf. Auf dem ersten Treppenabsatz dreht die Hündin einige Runden mit zuckender Nase, bevor sie sich entscheidet, die Treppe wieder hinab zu laufen. „Hier gibt es alte Spuren von unseren zu Suchenden und die aktuelle, neue Spur“, erklärt Landskron-Schumacher, „das müssen die Hunde erst einmal trennen“. Sie geht mit Prell-Holthausen und Hündin Luna mit, um die Arbeit des Hundes zu beobachten und ein Protokoll darüber anzufertigen.
Luna entscheidet sich indes nach einer kurzen Stippvisite im Flur, die Treppe in den Keller hinunter zu laufen. Und dort wird die Hündin auch fündig: Celina sitzt unter der Treppe. Lob und Leckerchen gibt es für Luna, dann geht es an den Ausgangspunkt zurück. Sie darf Pause machen.
Nun ist Nicole Vulter mit Nayeli am Start. Diesmal ist Leona die zu suchende Person. „Das Trailen ist einfach etwas Besonderes. Es ist das Vertrauen, das man in seinen Hund setzt. Er weiß dank seiner Nase, wo es langgeht“, schwärmt Prell-Holthausen.
Seit einem halben Jahr übt er diesen Hundesport aus. Als stellvertretender Leiter des Gymnasiums schuf er auch die Möglichkeit, die Schule einmal als Indoor-Trailort zu nutzen. Es mache Spaß, zu sehen, was Hunde könnten, bestätigt Vulter. Man müsse den eigenen Kopf abschalten und sich auf den Hund verlassen, sonst erreiche man das Ziel nicht, sagt sie. Sie übt den Hundesport seit zwei Jahren aus, ebenso wie Yvonne Dohmen und Lupa — auch dieses Mensch-Hund-Team nutzt die Gelegenheit, einmal in der Schule die Suche nach vermissten Personen zu üben. Normalerweise üben die Mantrailing-Teams nämlich draußen.
Auch für Helmut Bongartz und Hund Fratz ist es das erste Trailen in einem Gebäudekomplex. Etwas, was die beiden mit Bravour meistern.