Verein registriert 445 Missbrauchsfälle

Zornröschen hilft Kindern seit 25 Jahren. Nun zog der Verein Bilanz für 2014.

„Wenn du mich verpetzt, wird dir Schlimmes zustoßen.“ Mit solchen oder ähnlichen Drohungen werden missbrauchte Mädchen und Jungen von ihren Peinigern immer wieder eingeschüchtert, bloß niemandem etwas zu verraten. „Sie schaffen es sogar, den Kindern das Gefühl zu geben, selbst schuld zu sein“, sagt Monika Schiffer, Vorstandsvorsitzende von Zornröschen, Verein gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen.

Gestern stellte der Verein den Geschäftsbericht des Jahres 2014 vor. Zudem zogen die Vorstandsvorsitzende und drei Mitarbeiterinnen Bilanz über die vergangenen 25 Jahre. Von 10 085 Anrufen, die in der Geschäftsstelle in dem Vierteljahrhundert als sogenannter Erstkontakt eingingen, haben sich 6600 als Missbrauchsfälle bestätigt. 445 waren es allein im vergangenen Jahr.

Aber: Nur 16 Kinder — elf Mädchen und fünf Jungen — hatten 2014 den Mut, zum Hörer zu greifen und um Hilfe zu bitten. Das sind lediglich 3,6 Prozent. Mehr als die Hälfte der Anrufe, die in den Räumen des Vereins an der Eickener Straße 197 eingehen, kommen von Fachkräften — das heißt Lehrer oder Erzieher, denen bei den Kindern Verhaltensveränderungen aufgefallen sind. 23 Prozent der Anrufe tätigen besorgte Mütter.

„Wir glauben immer dem Kind, das sich bei uns meldet“, versichert Mitarbeiterin Sandra Gottschalk. „Die Kinder sollen sicher sein, dass sie nicht abgewiesen werden“, sagt Gottschalk. „Wir versuchen dann, weiter an Informationen zu kommen, bis sich der Verdacht gegebenenfalls bestätigt“, sagt Reinhild Beermann: „Dann empfehlen wir dem Kind, an die Öffentlichkeit zu gehen, Strafanzeige zu stellen“.

75 Prozent der Täter sind Erwachsene. „Oft handelt es sich bei den Tätern um wichtige Bezugspersonen der Kinder“, sagt Monika Schiffer. „Es sind Väter, Mütter oder Geschwister. Aber auch Lehrer oder Priester.“ 19 Prozent der Täter sind Jugendliche, sieben Prozent haben gerade mal das Alter von zwölf oder 13 Jahren erreicht.

In den 25 Jahren, seit dem der Verein gegründet wurde, haben Monika Schiffer und ihre derzeit vier Mitarbeiterinnen vieles gehört. Täglich klingelt das Telefon. „Mit unserer Anlaufstelle haben wir es geschafft, das Thema aus der Tabu-Ecke zu drängen“, sagt Schiffer. Der Verein finanziert sich durch Spenden — im letzten Jahr rund 97 000 Euro von 476 Spendern. Dazu bekommt der Verein Geld von der Stadt.