Verkehr: Hälfte der Lkw ist gefährlich
Die Polizei hat am Mittwoch an der Abfahrt Holt Lenkzeiten, Ladung und Gefahrgut kontrolliert.
Mönchengladbach. Der Lastwagen mit den Betonteilen ist schnell fertig. Alle Papiere sind in Ordnung, das Gewicht liegt im Rahmen, die Lenkzeiten wurden eingehalten. Der Lkw ist einer von 60, der bei einer kooperativen Kontrolle angehalten wird. Spezialisten der Polizei aus Mönchengladbach und Krefeld sowie aus den Kreisen Viersen, Heinsberg und Neuss überprüfen dabei den gewerblichen Güterverkehr. Auch ein Spezialist des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) ist mit vor Ort.
Keine zehn Minuten dauert es, bis der junge Thüringer, der den unbedenklichen Lkw fährt, seine Kontrollbescheinigung bekommt. Mit ihr kann er der Spedition gegenüber seinen Halt rechtfertigen und setzt seinen Weg zur Baustelle im Nordpark fort.
Derweil lotst Krad-Polizist Stephan Wimmers schon den nächsten Lkw zum Nordpark. Ein schlichter Container, nicht gerade auf Hochglanz poliert. Auf den Seiten und der Hintertür unauffällige, kleine weiße Rauten in deren Spitze ein Totenkopf tront. "Gefahrguttransport", diagnostiziert Dieter Schwerdtfeger von der Kreispolizei Viersen schon aus der Ferne.
Die Zahl 2078 in der Mitte der Raute gibt an, welches Gift geladen ist, ganz klein unten steht eine 6. "Das ist die Gefahrgutklasse, nicht brennbar, nicht explosiv." So ordnet Schwerdtfeger auch die Gefahr ein, die ihm selbst beim Kontrollieren der Ladung droht.
Der Fahrer, ein Belgier, reicht ihm die Frachtpapiere. Eine unaussprechliche Chemikalie, Toluendiisocyanat, ist auf dem Weg von Dormagen nach Übersee, soll in Antwerpen auf ein Schiff geladen werden. "Giftig, haut- und augenreizend", sagt Schwerdtfegers Handbuch unter Nummer 2078. Geruch: stechend. Gefährliche Zersetzungsprodukte: Blausäure, Stickoxide, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid.
Die Plombe, die den Frachtraum versiegelt, wird aufgebrochen. Es offenbaren sich sauber gestapelte und mit Holz gesicherte Fässer. "Es gibt Firmen, die verladen richtig sauber und ordentlich", sagt der Fahrer.
Die Tropfen auf der Oberfläche der Fässer geben Manfred Hormes von der Kreispolizei Viersen zu denken. Er betrachtet sie aus der Ferne. "Manchmal öffnen wir Container aus Übersee, bei denen die Waren gegen Ungeziefer begast wurden. Das ist hochgefährlich und nicht ausgewiesen."
Weil der stechende Geruch ausbleibt, ordnet er die Tropfen als Kondenswasser ein. Die Tür wird verschlossen, verplombt und das Aufbrechen der Plombe von der Polizei bescheinigt. "Sonst komme ich nicht in den Hafen rein", sagt der Fahrer.
Jetzt ist Carsten Beckmann von der BAG am Zug. Er kriecht unter den Lkw und kontrolliert die Bremsen. "Die wurden vor kurzem erneuert." Die Rostflecken auf dem Rahmen kann er vernachlässigen. "Das ist Stahl. Der überlebt uns trotz Rost", sagt er und schließt die Inspektion ohne Beanstandung ab.
"Carsten Beckmann hat uns heute morgen eine Einführung gegeben", berichtet Harald Küster, der als Außendienstgruppenleiter der Mönchengladbacher Polizei die Aktion leitet, wie wichtig die gemeinsame Kontrolle auch für den Erfahrungsaustausch der Beamten ist. Beckmann hat die Bremsscheibe eines Busses gezeigt, der vor kurzem aus dem Schülerverkehr gezogen worden war. "Das gibt uns Sicherheit bei den nächsten Buskontrollen", sagt Küster.
Problematisch wird es bei der Auswertung der Fahrerkarte. Statt der Tachoscheiben haben moderne Lkw einen Computer, der die Lenkzeiten auf der Chipkarte des jeweiligen Fahrers speichert.
In den vergangenen zwei Wochen hat ein Fahrer mehr Zeit hinter dem Lenkrad gesessen als erlaubt. Statt einer halben Stunde hat er nur 27 Minuten Pause gemacht, immer wieder. "Wenn ich im Hafen von Antwerpen ablade und fertig bin, dann muss ich wegfahren", sagt er. "Ich kann dann keine Minute länger stehen bleiben." 1200 Euro Bußgeld will die Polizei von ihm kassieren. Und eigentlich hatte er doch eine ganz andere Autobahnabfahrt nehmen wollen...