Wagner-Persiflage ohne Tiefgang
Hinrich Horstkotte inszeniert „Die lustigen Nibelungen“ im TiN.
Mönchengladbach. Vor dieser illustren Ahnengalerie und bei dieser durchgeknallten Burgunder-Sippschaft ist der Gedanke an eine nachdenkliche Inszenierung des konventionellen Nibelungenstoffes schnell verflogen.
Denn kaum haben sich zur Aufführung der burlesken Operette „Die lustigen Nibelungen“ im großen Saal des Theaters im Nordpark (TiN) die Burg-Türen geöffnet, geben sie den Blick frei auf eine Festtafel mit grotesken Figuren wie König Gunther und Kriemhilde, während im Hintergrund von der breiten Bilderwand Hitler, Wotan und Westerwelle grüßen.
Schon hier wird deutlich, dass Hinrich Horstkotte, der neben der Inszenierung auch für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich ist, vor allem Wert legt auf eine ausgeprägte Zeichnung der zahlreichen Nibelungenfiguren. Der Inhalt der Operette von Oscar Straus ist dabei schnell erzählt und gerät inmitten dieser prachtvollen Kostümorgie fast zur Nebensache.
Siegfried, Drachentöter und Besitzer des sagenhaften Nibelungenschatzes, hilft Gunther, dem König von Burgund, die Amazone Brunhilde in die Schranken zu weisen. Dass der „Kavalier“ mit blonder Vokuhila-Perücke sein Vermögen „sicher wie Gold“ auf der Rheinischen Bank und in „Nibelungenaktien“ angelegt hat, ruft die schräge Sippschaft auf den Plan. Doch der grimmige Hagen, ein Gimli-Zwerg, schreckt vor einer Ermordung Siegfrieds zurück.
Die Seitenhiebe in dieser Wagner-Persiflage auf Deutschtümelei, Gewinnstreben und Nibelungentreue sind hier unverkennbar. Horstkotte entspinnt ein turbulentes Szenario, die personelle und technisch aufwändige Inszenierung sprudelt vor originellen Einfällen: Als Minispielzeug wird Siegfried per Schwan über den Bühnenrand gezogen, die Stimme des Waldvogels ertönt aus einem Truthahn. Begleitet wird das bunte Treiben von einem den Szenen- und Rhythmenwechsel elegant umsetzenden Orchesterensemble unter der Leitung von Andreas Fellner.
Am Ende spendet das eher selten lachende Publikum freundlichen Applaus. Diese aktuelle Bühnenfassung des allzu antiquierten Nibelungenstoffes ist eine heitere, seichte Alternative zu Wagner-Produktionen von gewichtiger Tragik. Von einer pointierten Generalabrechnung mit allen deutschen Mythen ist die Neuproduktion in seiner slapstickartigen Drastik allerdings weit entfernt. Der respektlose Humor weicht mehrfach platten Kalauern. Es fehlt der freche Biss, Wagner zu entmystifizieren.