„Waldhausener Gespräche“: Ohne den Staat geht es auch

Mit Einsatz haben die Waldhausener viel erreicht. Sie gelten als Vorbild für andere.

Mönchengladbach. Nicht direkt nach dem Staat rufen, sondern sich selbst engagieren. Das ist die Idee, die hinter den „Waldhausener Gesprächen“ steht, zu denen sich seit sieben Jahren regelmäßig Bürger des Gladbacher Stadtteils mit Vertretern von Kirchengemeinde, Straßengemeinschaften, Kindertagesstätten und Schulen treffen.

Die Versammlungen finden etwa alle zwei Monate statt, in der kommenden Woche zum 40. Mal. Und was steht dann auf der Tagesordnung? Nichts! „Die Teilnehmer bestimmen die Themen. Es besteht ein fester Kreis, zu dem aber immer wieder neue Gesichter hinzukommen“, sagt Walburga Iseken. Die Sozialarbeiterin der Caritas moderiert die Gespräche.

Kurz vor dem nächsten Treffen stellten die Organisatoren jetzt die zweite Dokumentation zu den „Waldhausener Gesprächen“ vor, die den Zeitraum von 2009 bis 2013 umfasst. Enthalten sind darin typische Beispiele für das Engagement der Bürger in ihrem Ortsteil.

So schafften es die Beteiligten gemeinsam, die 2006 von der Kirchengemeinde bereits beschlossene Schließung der Kindertagesstätte St. Aloysius an der Rudolfstraße zu verhindern. Die Lösung: Die Einrichtungen St. Aloysius und St. Vinzenz an der Bergerstraße werden jetzt in der Trägerschaft der „pro multis GbmH“ betrieben.

Erfolg hatten die „Waldhausener Gespräche“ auch in der Wohnsiedlung Luisenhof. Die Häuser dort sind stark renovierungsbedürftig. Aber beim Eigentümer, der städtischen Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft (GWSG), fühlte sich zunächst niemand zuständig.

Es entstand die Idee, die notwendigen Arbeiten gemeinsam mit den Bewohnern in Angriff zu nehmen. GWSG und Stadt steuern einen Teil der Kosten bei. Jeder Bewohner kann eigenständig bestimmen, wie umfangreich die Modernisierung seiner Wohnung ausfallen soll. Bei umfangreicheren Umbauten wird die Miete entsprechend angehoben.

Das Projekt für die rund 160 Bewohner läuft seit rund einem halben Jahr, in dreieinhalb Jahren soll alles fertig sein. Dann wird es im Luisenhof auch eine Lena-Gruppe (Lernen und Erziehen nutzt Allen) zur Betreuung von unter Dreijährigen geben, die ebenfalls durch den Einsatz der Bürger entstehen wird.

Die Eigeninitiative der Waldhausener Bürger stößt aber an ihre Grenzen. So konnte die Schließung der Grundschule Waldhausener Höhe trotz aller Anstrengungen nicht verhindert werden. „Die Bürger haben durch alle Instanzen alles versucht und ihr Bestes gegeben“, sagt Iseken.

Für die Zukunft haben sich die Waldhausener einiges vorgenommen. So fehlen im Stadtteil Begegnungsorte und Maßnahmen für das Leben im Alter. An Ideen fehlt es also nicht. „Man könnte den Platz vor der Hensen-Brauerei neu gestalten und zur Begegnungsstätte machen“, sagt Josef Houben. „Erste Entwürfe dafür gibt es bereits.“ Houben engagiert sich mit seiner Ehefrau Brigitte ehrenamtlich für „seinen“ Stadtteil.

Das Bürgerengagement in Waldhausen ist inzwischen eine Art Pilotprojekt. So finden auch die „Eickener“ und die „Hardter Gespräche“ statt. „Wir haben dort die Menschen ermutigt, selbst anzupacken. Es funktioniert auch in diesen Stadtteilen“, sagt Reinhold Schiffers (SPD), Bezirksvorsteher Nord.