„Wegweiser“ bald auch in Gladbach
Das Präventionsprogramm gegen Salafismus soll ausgeweitet werden.
Mönchengladbach gilt als eine Hochburg des Salafismus. Daran hat sich auch nach der Auflösung des islamistischen Vereins „Einladung zum Paradies“ in Eicken nichts geändert. Bei der Polizei gehen immer noch regelmäßig Hinweise auf junge Menschen ein, die sich in der Stadt radikalisieren. „Es rufen Lehrer an, Mitschüler, Vereinskollegen — das ganze Spektrum wird abgedeckt“, sagt Polizeisprecher Jürgen Lützen. Erst vor einem Jahr wurde in Mönchengladbach eine Kampfsportschule geschlossen, in der 30 bis 40 Kinder und Jugendliche von radikalen salafistischen Übungsleitern ausgebildet wurden. Die Polizei hatte die bekannten Gesichter aus der Dschihadisten-Szene schon lange im Visier.
Jetzt arbeitet die Stadt zusammen mit der Polizei und dem Verfassungsschutz an der Einrichtung einer neuen Beratungsstelle als Teil des Präventionsprogramms „Wegweiser“. Damit soll der Einstieg von vorwiegend jungen Menschen in den Salafismus verhindert werden. Die Berater kümmern sich aber auch um diejenigen, die bereits erste Schritte in Richtung dieser Szene unternommen haben. Außerdem soll das Programm Familienangehörigen und dem Umfeld sich möglicherweise Radikalisierender konkrete und individuelle Beratung und Unterstützung bieten. Beispiel: Ein Lehrer beobachtet, wie sich ein Schüler zunehmend aus dem Klassenverband zurückzieht. Sein soziales Verhalten ändert sich, sein Erscheinungsbild ebenfalls, zudem lässt er radikale Äußerungen fallen. In einem Wegweiser-Beratergespräch soll der Lehrer Hilfe erhalten, um die Veränderungen des Schülers besser einordnen zu können. Danach kann er auch den Schüler oder die Eltern zur Wegweiser-Beratungsstelle verweisen.
In einem Schreiben an Karl Sasserath, Fraktionschef der Grünen, die den Antrag auf ein solches Projekt in Mönchengladbach stellten, teilte Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners mit, dass der Verfassungsschutz eine grundsätzliche Entscheidung zur Einrichtung einer solchen Beratungsstelle getroffen habe. Nun werde daran gearbeitet, dass die Beratungsstelle bereits im Herbst an den Start geht.
Wie viele Salafisten in Mönchengladbach vom Verfassungsschutz beobachtet werden, darüber gibt die Polizei keine genaue Auskunft. Sie räumt jedoch ein, dass der damalige Plan der Salafisten, in Eicken eine Islamschule zu installieren, viele Salafisten in die Stadt lockte. Nicht wenige seien auch nach dem Scheitern des Vorhabens geblieben.
Dass auch gewaltbereite Salafisten darunter sind, ist kein Geheimnis. Mindestens vier Syrienrückkehrer aus Mönchengladbach sind bereits festgenommen worden. Zwei junge Salafistinnen aus der Stadt stehen in der Türkei auf der Fahndungsliste. Und der gebürtige Mönchengladbacher Sven Lau, damals Vorsitzender von „Einladung zum Paradies“, sitzt derzeit wegen Terrorverdachts in Untersuchungshaft. Seine Glaubensbrüder wurden schon mehrfach aufgerufen, für Lau, auch bekannt unter „Abu Adam“, im Gefängnis Geld zu spenden. Auf Facebook findet man etliche Mönchengladbacher, die ein Bild von Lau mit dem Schriftzug „Free Abu Adam“ posteten.
„Wegweiser“-Beratungsstellen gibt es bereits in Bochum, Bonn, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Köln, Dinslaken und Wuppertal. Dieses Jahr sollen weitere fünf Beratungsstellen folgen — unter anderem in Mönchengladbach. Finanziert werden die Einrichtung, der laufende Betrieb der Anlaufstellen sowie die Betreuer vom Innenministerium. Je nach den Verhältnissen vor Ort könnten sich die Kosten für eine Stadt auf bis zu 80 000 Euro belaufen, teilt das Ministerium mit.