Kultur in Mönchengladbach Die politische Kunst von Hannes Forster
Mönchengladbach · 2001 wurde der Kunstraum No. 10 mit einer Schau des in Brandenburg lebenden Künstlers eröffnet. Zum 20-Jährigen der Galerie gibt es ein Wiedersehen.
Politik mag oft trocken und theoretisch wirken, und politische Entwicklungen sind für Laien häufig in ihrer Komplexität schwer nachvollziehbar. Im Kunstraum No. 10 ist es dem Künstler Hannes Forster geglückt, mit seinen Arbeiten Politik nachvollziehbar zu machen.
„Europa nach dem Sturm“ lautet der Titel seiner aktuellen Ausstellung in der Galerie auf der Matthiasstraße. „Europa nach dem Sturm“ heißt auch ein mehrteiliges Wandrelief. Forster hat die europäischen Staaten aus Holzfaserplatten ausgeschnitten und einzeln an der Wand angebracht. Großbritannien liegt schon am Boden. Neben Europa hängen Großstaaten wie China und Nordamerika.
„Eine fiktive Arbeit“, erklärt Hannes Forster in seinem Statement. „Man hofft, dass es nie passiert, dass Europa zerfällt.“ Jeder kleine Staat denke, dass er groß sei, eine tragische Fehleinschätzung im Vergleich zu den wirklich großen Staaten. Nur zusammen – so Forsters künstlerisches Fazit – gewinnen die relativ winzigen europäischen Staaten eine ernstzunehmende Größe mit entsprechendem Einfluss.
Zum ersten Mal zeigt Forster diese beeindruckende Installation. Sie gehört zu der Reihe „Arbeiten zur Zeit“. Eine weitere aus der Serie ist das „Kriegedenkmal“. Ja, ein Denkmal ohne das „r“ in der Mitte, errichtet von Hannes Forster im Jahr 2017. Es stand in Frankfurt an der Oder und war ein runder Turm aus 400 Ziegelsteinen. 400 Steine für 400 Jahre nach der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Für jedes Jahr, in dem in Europa ein Krieg oder ein bewaffneter Überfall auf ein anderes Land stattfand, wurde die Jahreszahl in den Stein graviert. Jeder ungravierte Stein symbolisiert ein Friedensjahr.
Erschreckend wenige Steine ohne Zahl sind in dem Turm zu entdecken. Forster dazu: „Ich habe einen Schreck bekommen, weil es wahnsinnig viele Kriege in Europa waren, in denen sich die Länder, die heute eigentlich zusammenhalten, bekämpft haben.“ Sein Kriegedenkmal ist ein Mahnmal. Im Kunstraum No. 10 sehen die Besucher auch ein Modell der mittlerweile abgebauten Säule aus Pappe, Fotografien des Denkmals sowie einen geprägten Originalziegelstein.
Mit der Ausstellung feiern Judith Dahmen-Beumers und Andreas Beumers den 20. Jahrestag ihrer kleinen, aber feinen Galerie. 2001 begannen sie ihre Ausstellungstätigkeit mit Hannes Forsters Präsentation „Schiefe Geometrien – dem Quadrat von Kasimir Malewitsch gewidmet“.
Hannes Forster, geboren 1955, ist bekannt für Arbeiten, die Kunst und Architektur miteinander verbinden. Seine Ziegelsteinarbeiten, die in Dialog mit den Räumen stehen, zeigte er 1989 im Museum Mönchengladbach. Forster lebt und arbeitet in Jamlitz im Osten von Brandenburg.
Die Ausstellung ist bis 28. März, freitags von 17 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr, zu sehen. Auf der Internetseite gibt es die Möglichkeit, einen Termin zu buchen.
Wer keine Gelegenheit hat, die Ausstellung zu besuchen, kann dies virtuell tun. Über die Homepage der Galerie raum-fuer-kunst.de gelangt man zur Online-Austellung. Dabei ist jedes Kunstwerk zu Hause am Rechner gut zu sehen. Statements des Künstlers werden eingeblendet ebenso wie tiefergehende Informationen zu den Arbeiten. Auch die virtuellen Besucher können die Exponate sowie die Edition kaufen. Sie melden sich per E-Mail an kontakt@raum-fuer-kunst.de oder unter Ruf 0176/61809720 bei den Galeristen, die eine kontaktlose Übergabe der Kunstobjekte versprechen.