Eigentum „Preise für Immobilien in Solingen wachsen ins Uferlose“

Solingen · Die Immobilienbesitzer in Deutschland werden immer älter. Waren im Jahr 2000 noch 27 Prozent mindestens 65 Jahre alt, sind es inzwischen rund 40 Prozent, hat das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft herausgefunden.

Der Immobilienmarkt bleibt auch in Solingen – trotz zahlreicher Neubaugebiete wie hier in Aufderhöhe – angespannt. 

Foto: Michael Schütz

Das bedeutet im Umkehrschluss auch: Immer weniger junge Menschen kaufen Wohneigentum. Gerade einmal noch 15 Prozent der Haus-Eigentümer sind unter 45 Jahre alt. Vor 21 Jahren war ihr Anteil noch doppelt so hoch.

Das liege aber nicht am mangelnden Interesse in den jungen Altersgruppen, sagt Martin Idelberger, Sprecher der Stadt-Sparkasse Solingen. Er zitiert die Baufinanzierungsstudie 2020, die regelmäßig vom Vergleichsportal „Hausfrage“ durchgeführt wird: „Inzwischen kommen knapp 61 Prozent der Anfragen nach einem Eigenheim von 24- bis 39-Jährigen.“ Eine Einschätzung, die Oliver Wenzel, Marktbereichsleiter bei der Volksbank im Bergischen Land, nur bestätigen kann: „Vor Anfragen können wir uns kaum retten, auch von jungen Menschen.“

Das Problem sei eher auf der Angebots- als auf der Nachfrageseite zu suchen, sind sich die Experten einig: „Angesichts steigender Immobilienpreise und mangelnder Baugrundstücke ist die Verwirklichung nicht mehr so problemlos wie früher“, sagt Idelberger. So finde lange nicht jeder Interessent auch eine Immobilie. Und wenn doch, sind die Kaufpreise entsprechend hoch.

„Die Preise wachsen ins Uferlose“, formuliert es Wenzel. Und das können die derzeit historisch niedrigen Zinsen nur teilweise wieder ausgleichen. Denn die Nebenkosten sind gleichgeblieben.

Notargebühren, Grunderwerbsteuer und Ähnliches schlagen mit rund 6,5 Prozent des Kaufpreises zu Buche, ist ein Makler im Spiel, steigen die Nebenkosten auf etwa zehn Prozent. Und im Idealfall hat der Käufer nicht nur diese Kosten auf dem Konto, sondern kann auch noch ein wenig Eigenkapital zum Kaufpreis dazuschießen.

„Gerade jüngere Semester haben ja noch gar keine Gelegenheit gehabt, Eigenkapital anzusparen“, sagt Oliver Wenzel. Bei einem Preis von 300 000 Euro bräuchte der ideale Finanzierungskunde, der zu den Nebenkosten 20 Prozent Eigenkapital mitbringt, rund 90 000 Euro. Die meisten Menschen unter 30 bekämen das nur mit Hilfe hin, berichtet Wenzel: „Dass Eltern einspringen, ist inzwischen alles andere als selten.“

Mitfinanzierung der Nebenkosten ist möglich, aber teuer

Wo das nicht geht, bleibt die Möglichkeit, den gesamten Kaufpreis und eventuell auch die Erwerbsnebenkosten zu finanzieren. „Sofern die Bonität gut ist, ist eine Mitfinanzierung der Nebenkosten möglich“, sagt Martin Idelberger. Doch das treibt naturgemäß die Rate nach oben. Und das nicht nur, weil die Kreditsumme höher wird.

Mit dem Beleihungsauslauf, dem Verhältnis von Darlehnssumme zu Gebäudewert, steigt auch der Zinssatz. Der Unterschied zwischen 80 oder 100 Prozent des Kaufpreises kann da schnell ein oder zwei Zehntel ausmachen. Gleichzeitig raten viele Kreditinstitute in diesen Fällen zu einer höheren Tilgung.

„In der Regel erwarten wir bei solchen Finanzierungen eine anfängliche Tilgung von drei Prozent“, erklärt Oliver Wenzel. Sonst könne die Finanzierung so lange dauern, dass vor deren Ende schon umfangreiche Arbeiten am Wohneigentum notwendig sind. „Nach 20 Jahren kann man mal über neue Fenster nachdenken, ein paar Jahre später braucht man eine neue Heizung“, nennt Wenzel Beispiele. Zudem biete die höhere Tilgung Luft für Unvorhergesehenes, zum Beispiel, wenn der Zinssatz zur nächsten Prolongation wieder gestiegen ist.

Der Unterschied ist nicht ohne: Wer sich bei einer Immobilie für 300 000 Euro nur 80 Prozent des Kaufpreises leihen muss, deswegen nur 1,4 Prozent Zinsen zahlt und mit zwei Prozent Tilgung starten kann, hat eine monatliche Belastung von 680 Euro. Wer stattdessen zusätzlich noch zehn Prozent Nebenkosten mitfinanzieren muss, mit 1,6 Prozent deswegen den schlechteren Zinssatz bekommt und anfänglich drei Prozent tilgt, zahlt 1265 Euro monatlich. Fast doppelt so viel.

Helfen könne da der Staat, meint Oliver Wenzel – und erinnert an die 2005 abgeschaffte Eigenheimzulage (| Kasten). Ein ähnliches System könnte auch heute mehr jungen Menschen den Immobilienkauf ermöglichen, ist Oliver Wenzel überzeugt. Auch wenn das nur die eine Hälfte des Problems beseitige: „Das Angebot bliebe damit ja auch weiterhin zu gering.“

Acht Jahre lang gab es bis zu 2556 Euro plus 767 pro Kind, später immerhin noch 1250 Euro plus 800. „Das hat vielen den Sprung erst ermöglicht“, sagt Oliver Wenzel von der Volksbank im Bergischen Land. Lagerte man die Eigenheimzulage zum Beispiel in ein zweites Darlehn aus, konnte man sie wie Eigenkapital verwenden – und damit deutlich unter 100 Prozent Beleihungsauslauf rutschen.