IHK stellt Analyse vor Unternehmer geben dem Standort Grevenbroich die Note „befriedigend“

Grevenbroich · Vor großen Herausforderungen steht die Stadt Grevenbroich. Das ist das Ergebnis der IHK-Standortanalyse, die jetzt im Bernardussaal vorgestellt wurde. Bei einer Umfrage haben 140 Unternehmen der Stadt noch relativ gute Noten ausgestellt.

Bürgermeister Klaus Krützen und IHK-Geschäftsführer Jürgen Steinmetz präsentierten die Analyse.

Foto: Wolfgang Walter

Bei ihrer Standortanalyse für die Stadt Grevenbroich spricht die IHK Mittlerer Niederrhein von einem „ambivalenten Bild“. Einerseits stellen die 140 befragten Unternehmen der Stadt mit der Note 2,98 insgesamt ein befriedigendes Ergebnis aus, andererseits weist IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz mit Blick auf die amtlichen Zahlen darauf hin, „vor welchen Herausforderungen Grevenbroich angesichts des Strukturwandels steht“. Nach fünf Jahren präsentierte die IHK jetzt mitten in den Sommerferien im Bernardussaal ihre aktuelle Standortanalyse. Mit im Boot Bürgermeister Klaus Krützen (SPD).

Zum 30. Juni 2023 haben in Grevenbroich knapp 22 200 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gearbeitet – elf Prozent mehr als 1999. Jedoch war im gleichen Zeitraum das Wachstum im Rhein-Kreis Neuss und in NRW insgesamt größer. „Dies liegt vor allem daran, dass die Beschäftigung in Grevenbroich seit 2021 zurückgegangen ist“, sagte Gregor Werkle, Leiter Wirtschaftspolitik bei der IHK Mittlerer Niederrhein. Der Anteil des produzierenden Gewerbes ist mit 36,4 Prozent höher als im Kreisdurchschnitt. Das weist aber auch auf den Knackpunkt hin: In den Branchen Bergbau und Energieversorgung sind in den vergangenen zehn Jahren bereits 44 Prozent der Arbeitsplätze abgebaut worden. „Das ist nicht auf die Qualität des Standortes zurückzuführen, sondern auf die Entscheidung der Bundesregierung, aus der Braunkohle auszusteigen“, so Werkle weiter.

Noch weist der Bereich Bergbau und Energieversorgung weiterhin einen Beschäftigungsanteil von 9,7 Prozent aus, Tendenz weiter abnehmend. Diese Arbeitsplatzverluste, so die IHK-Studie, konnten lange Zeit durch den deutlichen Beschäftigungsaufbau im verarbeitenden Gewerbe, im Baugewerbe und bei Dienstleistern aufgefangen werden, in den vergangenen Jahren aber eben nicht mehr. Irritierend auch, dass die Statistiken für die metallverarbeitende Industrie, sprich Aluminium, aus Datenschutzgründen für die IHK nicht zugänglich waren.

Früher war Grevenbroich
eher gewerbesteuerstark

Da klingt es ein wenig beruhigend, wenn sich der Arbeitsmarkt in Grevenbroich stabil zeigt: Die Arbeitslosenquote (5,2 Prozent) ist im Vergleich zum Rhein-Kreis (5,6) insgesamt niedrig. Der Rückgang der Arbeitslosenzahlen war in den vergangenen Jahren größer als in vergleichbaren Kommunen. Mit einem Wert von 101,5 liegt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Grevenbroich leicht über dem Bundesdurchschnitt (100), aber unterhalb des Kreisdurchschnittes von 107,4. Die Zentralitätskennziffer von 103,9 zeigt, dass Grevenbroich sogar Kaufkraft aus den umliegenden Kommunen anziehen kann. Früher war Grevenbroich eher gewerbesteuerstark. In den vergangenen Jahren gab es extreme Schwankungen. Die Entwicklung sieht nicht gut aus: Die Gewerbesteuer-Aufbringungskraft je Einwohner lag zuletzt viermal in Folge unter dem NRW-Durchschnitt.

Jürgen Steinmetz präsentierte die Ergebnisse der IHK-eigenen Umfrage bei ortsansässigen Unternehmen. Insgesamt 140 haben mitgemacht, sie stehen für 2500 Mitarbeiter, etwa elf Prozent aller Beschäftigten in Grevenbroich. 40 verschiedene Faktoren haben die Chefs beantwortet. Nach Schulnoten ergab es eine 2,98 – nach 2,94 bei der vorherigen Standortanalyse 2019. Der Durchschnitt im IHK-Kammerbezirk seit 2020 liegt bei 2,65. Gute Noten gab es für Infrastruktur, Anbindung und überörtliche Straßen. Schlecht schnitt die Lade-Infrastruktur für E-Autos ab (3,84). Bei der Innenstadt von Grevenbroich verschlechterte sich die gefühlte Sicherheit (3,39). Bemängelt wurden auch zu wenig Kultur- (3,71) und Freizeitangebote (3,44), aber auch das Einkaufsangebot (3,90).

Die Unternehmer zeigen sich in der IHK-Umfrage auch besonders sensibilisiert für Kosten. Die kommunalen Kosten schneiden dabei nicht gut ab. Die Höhe der Gewerbesteuer (4,08) und der Grundsteuer (4,15) kommt nicht gut an. Vor Ort richtete IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz den Appell an die Stadt, bei der Grundsteuer bei einem einheitlichen Hebesteuersatz zu bleiben und nicht mit der Möglichkeit einer geteilten Grundsteuer die Unternehmen höher zu belasten.

Beim Strukturwandel zeigte sich Bürgermeister Klaus Krützen in der Diskussion gelassen und zuversichtlich. Die Stadt erhalte viele Anfragen von Unternehmen, die sich in Grevenbroich ansiedeln wollten. Radiojournalistin Beate Kowollik moderierte die Diskussion. Rund 30 Gäste hatten sich im Bernardussaal eingefunden, darunter etliche lokale Politiker. Neben Krützen stand Lars Burmester von „BM Hörtechnik“ auf dem Podium und fragte nach einem Fahrplan: Wo will die Stadt hin? Moderatorin Kowallik regte eine engere Kommunikation an. Denn Unternehmer im Publikum fühlten sich nicht gefragt, die Wirtschaftsförderung sprach von Terminen, die kaum jemand wahrnehme – ein Klassiker. Im Publikum saß auch Heiner Küpper, von 1987 bis 1996 Stadtdirektor in Grevenbroich. Zusammen mit Bürgermeister Bernrath holte er die Landesgartenschau 1995 nach Grevenbroich. Aus seiner Erfahrung sagte er: „Ein bisschen mehr Bürgerdialog wird überhaupt nichts lösen.“ Die Wirtschaftsförderung müsse ihre Arbeit machen und die IHK-Analyse abarbeiten.