Analyse zur Kaarster Politik Das Vertrauen in Nienhaus bröckelt
Kaarst. · Analyse Der fraktionsübergreifende Antrag zum Stellenplan hat einen Keil zwischen Politik und Verwaltung getrieben. Die Kaarster Bürgermeisterin ist nicht mehr unumstritten.
Sven Ladek (CDU) fühlte „sich veräppelt“, Lars Christoph (CDU) war von den Aussagen der Verwaltung „irritiert“: Der Streit um den Stellenplan hat einen Keil zwischen Politik und Verwaltung getrieben und den Druck auf Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus erhöht. Und das Auftreten der einzelnen Fraktionen im Hauptausschuss ist ein Beleg dafür, wer bei diesem gemeinsamen Antrag federführend war: Nämlich Nienhaus’ eigene Partei, die CDU. Nicht umsonst drosch Ladeck in seiner kurzen Ausführung mit der Faust auf den Tisch. Aus den Kreisen der Christdemokraten ist zudem zu vernehmen, dass Nienhaus nicht mehr unumstritten ist. Und der Antrag zum Stellenplan hat das untermauert.
Es scheint, als bringe sich die Kaarster Politik schon jetzt in Stellung für die nächsten Kommunalwahlen im Jahr 2020. Für SPD und Grüne ist das natürlich ein gefundenes Fressen. Aber: Die beiden Fraktionen haben derzeit eigene Probleme. Die SPD hat durch den Austritt von Kocay Ekici aus der Fraktion zuletzt einen Sitz im Rat verloren, außerdem hat die Bundes-SPD in den vergangenen Monaten viel Kredit verspielt. Sollten die Sozialdemokraten unter der Führung von Andrea Nahles auf Bundesebene wieder zueinander finden und die Wähler auf ihre Seite holen, könnte sich das auch auf Kaarst auswirken. Die Grünen stehen derweil vor einem Umbruch: Christian Gaumitz gibt den Vorsitz im Januar an Claudia Köppe ab, beide legen ihr Ratsmandat 2020 nieder und machen den Weg für jüngere Parteimitglieder frei.
Unter Lars Christoph gab es für die CDU mehrere Dämpfer
Die Stadt Kaarst war lange Zeit CDU-Hochburg und holte eigentlich immer die absolute Mehrheit. Unter der Führung von Lars Christoph aber gab es die ersten Dämpfer: den Verlust der Mehrheit im Rat an das sogenannte Fünferbündnis bestehend aus SPD, Grüne, FDP, Zentrum und UWG; den Austritt der derzeitigen Vize-Bürgermeisterin Uschi Baum, die zur FDP überlief. Zudem wandten sich weitere, alteingesessene CDU-Mitglieder von der Partei und damit auch von Christoph ab, weil er im Vorfeld der letzten Kommunalwahlen als Stadtverbandschef die damalige Ratsfraktionschefin Dorothea Zillmer hatte fallen lassen.
Christoph selbst verzichtete 2015 auf eine Bürgermeister-Kandidatur und ließ Ulrike Nienhaus den Vortritt. Das könnte auch am Gerichtsverfahren um den Wohnort von Christoph – Köln oder Kaarst – gelegen haben. Nun scheint das Verhältnis zwischen Nienhaus und Christoph zerrüttet zu sein.
Wer kommt also für das Bürgermeisteramt in Kaarst infrage, sollte Nienhaus den Rückhalt ihrer Partei verlieren oder aus persönlichen Gründen nicht ein zweites Mal antreten? Lars Christoph würde es sich sicher zutrauen, wenn er nicht höhere Ämter anvisiert. Zumindest traut er sich zu, ein Bundestagsmandat wie beispielsweise Ansgar Heveling auszuüben. Der selbstständige Zimmermann Ingo Kotzian hatte bereits 2012 Interesse an dem Bürgermeisteramt bekundet, wäre aber vermutlich auch 2020 wieder Außenseiter. Der Erste Beigeordnete Sebastian Semmler hätte die Kompetenzen zur Verwaltungsführung, ist aber keine politische „Rampensau“.
Dann wäre da noch Uschi Baum, die erste stellvertretende Bürgermeisterin, die beliebt ist und ein Profil mitbringt, das überzeugt. Aber vielleicht kann Ulrike Nienhaus das Vertrauen der Fraktionen – vor allem das der CDU – zurückgewinnen und stellt sich noch einmal für das Amt der ersten Bürgerin der Stadt zur Verfügung. Ein bisschen Zeit hat sie ja noch.