Die Kaarster kaufen vieles auswärts

In Kaarst leben — woanders shoppen: Der Fachentwicklungsplan Einzelhandel zeigt, dass das Geld oft nicht in der eigenen Stadt bleibt.

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Kaarst. Er ist fast 100 Seiten stark und wurde jetzt im Stadtentwicklungs-, Planungs- und Verkehrsausschuss vorgestellt: Der Fachentwicklungsplan Einzelhandel in seiner neuesten Fassung. Das Werk ist von großer Bedeutung, dient es doch als Entscheidungsgrundlage zur planungsrechtlichen Steuerung des Einzelhandels in Kaarst.

Seit der letzten Fortschreibung vor acht Jahren hat sich viel verändert. So hat sich etwa in dieser Zeit der Umsatz im Online-Handel verdoppelt. Christoph Mathia, der die Fortschreibung im Auftrag des Kölner Unternehmens CIMA vorgenommen hatte, wies auf ein Pfund hin, mit dem in Kaarst gewuchert werden kann: „In Kaarst stehen rund 15 Prozent Kaufkraft mehr zur Verfügung, als im Bundesdurchschnitt.“ Leider werde aber nicht genug Kaufkraft an den Ort gebunden.

Kaarst ist die Möbelstadt, das gilt umso mehr, seit der Erweiterung von Ikea am neuen Standort. Allerdings gebe es auch 34 Betriebe weniger als vor acht Jahren. „Das ist kein Kaarst-spezifisches Problem“, erklärte Mathia. Einem Umsatz von 274 Millionen Euro stünde eine Kaufkraft von 295 Millionen Euro gegenüber — es ist also noch „Luft nach oben“. Der Anteil an Kleidung und Schuhen, den Kaarster Bürger außerhalb ihrer Stadt einkaufen, hat sich seit 2010 weiter erhöht. Immerhin ist die Versorgung mit Lebensmitteln im Stadtgebiet sehr gut bis befriedigend. „Leichte Probleme, wenn es um die fußläufige Erreichbarkeit geht, sehen wir in Holzbüttgen, aber auch da braucht niemand, der kein Auto hat, zu hungern“, erklärte der CIMA-Mann.

„Wie bringt uns der Bericht bei unseren aktuellen Problemen weiter?“, wollte Claudia Köppe (Die Grünen) wissen. Ihre Kritik: „Es ist nicht hilfreich, wenn wir Zahlen von Ikea mit drin haben.“ Marcel Bomke-Vossschulte (CDU) sagte: „Es geht darum, den großflächigen Einzelhandel zu steuern, das ist ein wichtiges Instrument.“ „Es ist ein Steuerungsinstrument der Bauleitplanung“, gab die Technische Beigeordnete Sigrid Burkhard zu verstehen. Es diene nicht nur der Abwehr von möglichen Einzelhandelsansiedlungen, auch soll so geeigneter Einzelhandel angelockt werden.

Anja Rüdiger (UWG) beklagte, dass der Rewe-Markt an der Neusser Straße die letzte Einkaufsmöglichkeit bis zur Neusser Furth sei: „Dazwischen gibt es vier Kilometer nichts.“ Das Gartenbauunternehmen Schmitz hatte vergeblich versucht, in seinen Räumen einen Lebensmittelmarkt zu etablieren — die Politik hatte sich dagegen ausgesprochen. Auch, dass es derzeit nur einen großen Drogeriemarkt in Kaarst gebe, nämlich in den Kaarster Rathausarkaden, sei nicht optimal, so Rüdiger. Darauf entgegnete Sigrid Burkhart: „Es ist nicht so, dass wir keinen weiteren Drogeriemarkt zulassen würden, es mangelt jedoch an Standorten mit entsprechend großen Verkaufsflächen.“

Für Anja Rüdiger ist Büttgen „ein geteilter Ort“: Auf beiden Seiten der Bahnschienen müsse es Angebote für den täglichen Bedarf geben. Günter Kopp (FDP) wies auf die vielen Hofläden in der Region hin: „Die machen keinen schlechten Umsatz.“ Heinrich Hannen (Die Grünen) wies auf ein drängendes Thema hin: eine Verknüpfung des Einzelhandels mit dem Internet, wobei die Stadt Hilfe leisten müsste.