Kaarster Jugendliche greifen Senioren unter die Arme Taschengeldbörse als Win-Win-Situation für alle
Büttgen · Senioren, die nicht mehr selbst den Garten pflegen oder einkaufen gehen können, brauchen Hilfe. Diese finden sie bei der Taschengeldbörse, bei der Jugendliche den älteren Menschen unter die Arme greifen. Unsere Redaktion hat ein „Pärchen“ besucht.
Konrad Heying (15) wollte sich im Herbst 2023 bei der Taschengeldbörse im „Büttger Treff“ vorstellen und traf schon im Vorraum auf Gisela Seidel (73), die Hilfe suchte: „Wir waren uns sofort einig, dass ich Familie Seidel bei der Gartenarbeit unterstütze“, erinnert sich Konrad. Die Zufallsbegegnung mündete in eine harmonische, zufriedenstellende Zusammenarbeit: „Eine Win-Win-Situation für alle“, meint Gisela Seidel.
Offiziell festgelegt:
Sieben Euro Stundenlohn
Sie und ihr Mann sind gesundheitlich angeschlagen und die Pflege des 200 Quadratmeter großen Gartens in Büttgen fällt mittlerweile schwer. Gisela Seidel war die Taschengeldbörse bekannt. Eine gute Möglichkeit, um unkompliziert Hilfe zu bekommen und zugleich einen Jugendlichen etwas Geld verdienen zu lassen. Sieben Euro ist der festgelegte offizielle Stundenlohn.
Wie viel Konrad tatsächlich bekommt – darüber schweigen beide. Aber dass der Einsatz Konrad viel Freude bereitet, ist nicht zu übersehen. Im vergangenen Herbst arbeitete er drei Mal im Garten der Familie Seidel: Unkraut jäten, eine Kräuterspirale ausräumen, Rasen mähen und Laub entfernen, für jeweils eine bis anderthalb Stunden: „Das benötigte Equipment und kühle Getränke stehen immer bereit“, erzählt der Schüler, der die zehnte Klasse der Gesamtschule Büttgen besucht.
In den vergangenen Osterferien besuchte er Familie Seidel ebenfalls drei Mal und machte den Garten fit für den Frühling. Dabei gibt es auch immer ein paar nette Gespräche und per Whatsapp stimmen sich beide über den nächsten Termin ab – je nach Bedarf und Wetterlage. Konrad möchte sein Taschengeld noch so lange wie möglich auf diese Weise aufbessern und kann nur jedem Schüler und jeder Schülerin zwischen 14 und 17 Jahren empfehlen, die Taschengeldbörse in der Freizeit zu nutzen. Schließlich lasse sich das Ganze gut planen.
Die Geschichte der Kaarster Taschengeldbörse begann mit einer Initiative des Vereins „Lebendige Nachbarschaften“, der sich 2015 gründete. Damals durchaus eine Erfolgsgeschichte: Bis zu 60 Jugendliche unterstützten 200 Senioren im Alltag. Die Auflösung des Vereins im November 2021 bedeutete auch das Ende der Taschengeldbörse – bis sich ein Jahr später die Quartiersinitiative „Älterwerden in Büttgen“, deren Träger der Caritasverband Rhein-Kreis Neuss ist, zur Übernahme entschloss. Cordula Bohle vom Caritasverband, die die Quartiersinitiative begleitet, unterstützte den Neustart und agiert weiter im Hintergrund. Es fand sich ein neues ehrenamtliches Team mit vier Damen, die für die jeweiligen Ortsteile als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und die Einsätze koordinieren.
50 Jugendliche zählen
zu der Gruppe
Dazu gehört auch Carolin Kiefer für Büttgen. Sie suchte nach einem Amt, das gut zu ihr passt und findet es sehr angenehm, nun viel mit jungen Menschen zu tun zu haben: „50 Jugendliche sind in unserer Gruppe“, sagt sie. Alle juristischen und organisatorischen Bedingungen sind auf der Homepage der Caritas klar geregelt: „Wir vermitteln grundsätzlich nur die Tätigkeit“, erklärt Carolin Kiefer. Die genauen Details sprechen die Betroffenen dann selbst ab. Ist ein Jugendlicher interessiert, gibt es zunächst ein Erstgespräch, meistens gemeinsam mit den Eltern.
Anschließend wird der Interessent in eine Handy-Gruppe aufgenommen. Meldet sich ein Senior, der Unterstützung bei Gartenarbeit, Einkaufen, Gesellschaft bei Spielen und Gesprächen oder Hilfe bei Problemen mit modernen Medien sucht, so wird ein „passender“ Jugendlicher angefragt: „Dieses Diensthandy stellt uns die Caritas zur Verfügung und wir Ehrenamtlichen nutzen es abwechselnd. Mit wenig Aufwand lässt sich so viel erreichen“, meint Carolin Kiefer zufrieden.
Freundschaftliche Verhältnisse zwischen Jung und Alt
Es gebe genügend Jugendliche, nur die Senioren trauten sich nicht so recht, dieses Angebot anzunehmen, so Kiefer. Es kommt sehr selten vor, dass die Zusammenarbeit nicht klappt. Im Gegenteil, manche Jugendlichen möchten den Kontakt auf gar keinen Fall mehr missen und berichten von freundschaftlichen Verhältnissen, die so entstanden sind.