Handball/TSV Bayer Dormagen: Bartmann wird Matchwinner

Der Einsatz des Keepers beim 28:24-Sieg über Hildesheim war bis kurz vor Anpfiff fraglich.

Dormagen. Eine gewisse Verrücktheit gehört zum Handball dazu, zumindest auf gewissen Positionen. Linksaußen und Torhütern wird diese Eigenschaft besonders nachgesagt. Und manchmal verhilft diese Verrücktheit einer Mannschaft in scheinbar aussichtsloser Position zum Erfolg. So wie dem TSV Bayer Dormagen im „Abstiegs-Endspiel“ der Zweiten Bundesliga gegen Eintracht Hildesheim.

Den für Kopf und Tabelle so eminent wichtigen 28:24-Sieg (Halbzeit 16:15) über den Tabellenvorletzten, der sich am Vortag überraschend noch mit zwei Rückraumakteuren auf dem internationalen Spielermark eingedeckt hatte, hatte der Aufsteiger nämlich in nicht unerheblichem Maße Torhüter Sven Bartmann zu verdanken.

Dabei war der Einsatz des 27-Jährigen bis kurz vor dem Anpfiff wegen akuter Rückenbeschwerden höchst fraglich gewesen. Zur Sicherheit hatte sich Routinier Joachim Kurth neben seiner Funktion als Co-Trainer auch als Torhüter im Spielbericht eintragen lassen. Doch so weit kam es nicht: „Barti wollte unbedingt spielen. Und wenn einer unbedingt will, dann muss man ihn auch lassen“, erzählte Trainer Jörg Bohrmann.

Mit 16 Paraden, davon elf im zweiten Durchgang, wurde Sven Bartmann zu einem der Matchwinner auf Seiten des Neulings. „Dabei hatten wir zur Pause schon überlegt, zu wechseln“, gab Joachim Kurth zu.

Was nicht ohne Risiko gewesen wäre, denn auch Max Jäger war nicht richtig fit in diese Partie gegangen. „Barti“ blieb zwischen den Pfosten, und er hielt die Hausherren im Spiel, als auf dem Feld vor ihm mal wieder gar nichts ging im Dormagener Spiel. „Diese fünf Minuten kriegen wir einfach nicht abgestellt“, sagte Dennis Marquardt hinterher.

Der Mannschaftskapitän meinte jene Phase nach der ersten Drei-Tore-Führung des Neulings (21:18, 44.), in der er und seine Nebenleute sieben Minuten ohne Torerfolg blieben und ohne Bartmanns Paraden wohl deutlicher als mit 21:22 (51.) ins Hintertreffen geraten wären. Dass sich seine Schützlinge aus dem tiefen Tal wieder empor arbeiteten und sechs Minuten später ihrerseits mit 26:22 in Front lagen, machte Jörg Bohrmann mächtig stolz.

Schließlich ging es nicht nur um wichtige Punkte im Abstiegskampf, sondern auch um ein Duell der unterschiedlichen Handball-Philosophien. Bohrmann vertraute trotz der Bedeutung der Partie auf seine junge Garde, zeitweise stand in der Angriffsformation kein Spieler, der älter als 20 Jahre war. Hildesheim setzte auf internationale Routine, der neu verpflichtete Linkshänder Goran Gorenac hatte schon Erfahrung in der Champions League gesammelt.

Ausgerechnet der Jüngste wurde neben Sven Bartmann zum zweiten „Matchwinner“: Pascal Noll, im Februar gerade volljährig geworden, legte in der Schlussphase den zuvor fünf Mal erfolgreichen, mit 2,09 Metern exakt 29 Zentimeter längeren Goran Gorenac per Manndeckung an die Kette und erzielte als „Abfallprodukt“ auch noch zwei Treffer.

Je aggressiver die Abwehr die Hildesheimer bearbeitete, desto öfter leisteten die sich Ballverluste — und den Rest erledigte Sven Bartmann in teilweise bravouröser Manier. „Um hier zu gewinnen, hätten wir abgeklärter spielen müssen“, stellte Eintracht-Coach Gerald Oberbeck fest, „das haben wir leider nicht getan.“