Trauerfeiern in Meerbusch Trauernde müssen auf Trost verzichten

Osterath. · Hanne Jäger aus Osterath rät Angehörigen, Trauerfeiern klein zu halten und große Gedenkfeiern später nachzuholen.

In der eigenen Trauerhalle von Hanne Jäger ist mit den geltenden Abstandsregeln Platz für 15 Gäste.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Wer traurig ist, möchte in den Arm genommen werden. „Ein ganz normales Bedürfnis“, sagt Bestatterin Hanne Jäger. Wegen des hohen Infektionsrisikos müssen Trauernde derzeit aber auf Trost verzichten. „Und weil der Bestatter bei einer Trauerfeier dafür verantwortlich ist, dass die Hygieneregeln eingehalten werden, muss ich manchmal wie ein Ordner dazwischen gehen und die Angehörigen verständnisvoll darauf hinweisen, dass der Abstand eingehalten werden muss“, sagt Jäger, deren Betrieb in Osterath bereits seit 1883 besteht. „Für mich ist das sehr schwierig, weil ich den Wunsch nach Nähe in dieser emotionalen Ausnahmesituation nachvollziehen kann.“

Ebenso wie andere Bestatter appelliert sie daher an die Angehörigen Verstorbener, die Trauerfeiern derzeit bewusst klein zu halten, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Hanne Jäger: „Alternativ ist es eine schöne Idee, eine große Gedenkfeier mit Freunden und Familie zu veranstalten, wenn Corona dann endlich vorbei ist.“ In der Realität klappt das aber nicht immer. Erst Recht, wenn der Verstorbene einen großen Bekanntenkreis hatte und zu Lebzeiten etwa Mitglied in einem Verein war.

Ein Beispiel: Erst vor einigen Tagen hat Hanne Jäger, die das Unternehmen seit 1999 führt, eine Trauerfeier organisiert, bei der sich nach der Feier draußen vor der Friedhofskapelle rund 80 Leute eingefunden hatten. „Das war zwar eine Ausnahme“, sagt die Bestatterin. „Aber rund 30 Gäste sind es eigentlich immer, die sich vor der Kapelle versammeln, um sich von dem Verstorbenen zu verabschieden.“ Denn die Zahl der Besucher ist lediglich innerhalb der Kapellen und Trauerhallen begrenzt, nicht aber im Freien. „Das macht es für die Bestatter schwierig, den Überblick zu behalten und die vorgeschriebenen Abstände sicherzustellen“, sagt Jäger, die Bestattungen nicht nur in Meerbusch sondern im gesamten Rhein-Kreis Neuss organisiert, außerdem in Krefeld, Willich und Düsseldorf.

Die Särge von Covid-19-Verstorbenen werden bis zur Beerdigung markiert.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

In Meerbusch etwa fassen die städtischen Friedhofskapellen 14 bis 20 Trauergäste, in Hanne Jägers privater Trauerhalle sind es 15 Sitzplätze. Alle Drinnen-Gäste müssen sich in eine Liste eintragen, Masken tragen und die Desinfektionsmittel nutzen. Für all das ist der Bestatter verantwortlich. „Die Listen bewahren wir für den Fall einer Infektion auf, bislang war aber glücklicherweise noch keine Rückverfolgung nötig“, so Jäger. Weil die Städte und Gemeinden individuell bestimmen können, welche Regelungen auf dem Friedhof gelten, müssen die Bestatter sich dort jeweils vorab informieren, was sehr aufwändig sei.

„Mich persönlich hat es überrascht, dass der erneute Lockdown nicht so hart durchgreift wie der erste im Frühjahr und dass Trauerfeiern im größeren Rahmen weiterhin erlaubt sind“, sagt Hanne Jäger. „Auch weil die Infektionsgefahr jetzt, im Winter, noch höher ist, hatte ich eigentlich mit Verschärfungen gerechnet.“ Mitte März, zu Beginn des ersten Lockdowns, mussten alle Kapellen und Trauerhallen schließen, und an der Grabstätte waren nur bis zu zehn Personen erlaubt.

Hanne Jäger erzählt von einer Beerdigung, bei der die Familie von einem Tag auf den anderen fast alle Gäste wieder ausladen musste. „Obwohl wir in dieser Zeit leichte Verluste gemacht haben, weil wir unsere Trauerhalle nicht vermieten und keine Einladungen zu Trauerfeiern drucken konnten, habe ich persönlich diese Zeit als sehr schön erlebt, weil die Trauerfeiern sehr familiär und intim waren“, erinnert sich Hanne Jäger. Auch einige Angehörige hätten das so empfunden. Obwohl beispielsweise Gesang am Grab verboten war. „Aber wir haben dann einfach die Lieblingsmusik des Verstorbenen auf einen Stick gespeichert und am Grab abgespielt“, berichtet die Bestatterin. Und weil das Wetter fast die ganze Zeit mitspielte, waren Trauerfeiern unter freiem Himmel gut möglich. Wieder andere hätten es hingegen bedauert, dass sie sich nicht im großen Kreis von dem Verstorbenen verabschieden konnten. Jäger: „Etwa, wenn der zu Lebzeiten Mitglied in einer Schützenbruderschaft war.“

Derzeit seien die Angehörigen eher verunsichert und wüssten nicht genau, welche Regeln aktuell gelten. „So nehme ich es zumindest in den Trauergesprächen wahr“, erzählt Hanne Jäger. Auch Rituale wie der Beerdigungskaffee seien wichtig für die Trauernden. „Das Beisammensein nach der Beerdigung fehlt besonders“, so Jäger. Erst recht, wenn die Leute von weit her anreisen und sich nach dem Friedhofsbesuch alleine und traurig wieder ins Auto setzen müssen, sei das „ein komisches Gefühl“.

Weniger problematisch war im Bestattungsinstitut Jäger bislang der Umgang mit Verstorbenen, die im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung verstorben sind. „Bislang hatte wir drei Fälle“, berichtet Hanne Jäger.

Diese Verstorbenen werden in einer speziellen, fest verschlossenen Hülle transportiert und gelagert. Der Sarg muss bis zur Bestattung gekennzeichnet werden. Jäger: „Aber auch diese Verstorbenen bekommen einen würdevollen Abschied.“ Obwohl die Corona-Krise für alle Bestatter zusätzliche Arbeit bedeute, betont Hanne Jäger: „Ich verstehe nicht die Kollegen, die derzeit nur jammern und klagen, dass sie ihre Belastungsgrenze erreicht hätten.“ Lieber will sie den Menschen, die einen Angehörigen verloren haben, auch jetzt die Möglichkeit geben, angemessen zu trauern und sich zu verabschieden. „Wir Bestatter sollten gerade jetzt das Wesentliche im Blick behalten, das unseren Beruf ausmacht, und das ist das Gefühl.“