Bürger wollen Gräber ohne Pflegeaufwand
Immer mehr Meerbuscher entscheiden sich für eine Bestattung unter Bäumen anstatt in Familiengräbern. Auch Urnen sind beliebter als Särge. Die veränderte Situation spiegelt sich auch in den Bestattungsgebühren wider. Ebenso gibt es Leerstand auf den Friedhöfen.
Vor 50 Jahren, sagt Michael Betsch, gab es gar keine Diskussion: Wer gestorben ist, wurde in einem Sarg im Familiengrab beerdigt. Heute sieht das anders aus. Betsch leitet die städtischen Friedhöfe und kennt die Entwicklungen. Allein in den vergangenen fünf Jahren sei der Anteil der Urnenbestattungen in Meerbusch um zehn Prozent gestiegen. 2016 wurden mehr als 60 Prozent aller Verstorbenen in einer Urne beigesetzt. „Die Gründe dafür sind unterschiedlich“, sagt Betsch. „Die Friedhöfe sind immer ein Spiegel der Gesellschaft.“
So gebe es weniger Familiengräber, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Das liege vor allem an dem Pflegeaufwand, den eine Grabstätte mit sich bringt. „Die Menschen entscheiden sich zunehmend für Gräber, die wenig bis gar keine Pflege brauchen“, meint Michael Betsch. „Viele können sich nicht um die Gräber ihrer Angehörigen kümmern, weil sie in einer anderen Stadt wohnen. Aber es gibt auch mehr Single-Haushalte.“ Alleinstehende, die wissen, dass niemand ihre Grabstätte pflegen wird, entscheiden sich häufig schon im Voraus für pflegefreie Gräber. Andere wollen ihre Verwandten nicht belasten. Aber auch das Trauerverhalten in der Bevölkerung habe sich geändert: „Vor allem junge Leute finden immer häufiger Hilfe in Trauerforen. Es ist ein virtueller Ersatz, durch den der Friedhof als Trauerstätte an Bedeutung verliert.“ Darum hat die Stadt zunehmend alternative Grabarten entwickelt: „Wiesengräber und Baumbestattungen werden sehr gut angenommen.“ Seit 2013 gibt es in Osterath ein Grabfeld, das einem kleinen Wald nachempfunden ist. Die biologisch abbaubaren Urnen werden direkt unter den Bäumen beigesetzt. „Es ist eine naturnahe Art der Bestattung, sehr zurückhaltend, aber nicht anonym.“
Auf zentralen Gedenkplatten stehen die Namen der Verstorbenen. Bisher wurden in Osterath 60 Verstorbene so bestattet. Und auch auf dem Büdericher Friedhof gibt es seit Anfang des Jahres ein neues Grabfeld für Baumbestattungen, für das es bereits die ersten Interessenten gibt, bestätigt Michael Betsch. Für die Angehörigen sind solche Gräber zwar mit wenig Aufwand verbunden, die Stadt hat dafür mehr Arbeit, die Wiesen in Ordnung zu halten. Das schlägt sich auch in den Bestattungsgebühren nieder. Die seien durchschnittlich um fast fünf Prozent gestiegen. „Wir mussten die Stundenverrechnungssätze für Personal und Fahrzeuge nach acht Jahren erneut anpassen.“ Das zeigt sich besonders bei den personalintensiven Gebührenpositionen. Dazu gehört zum Beispiel die Benutzung eines Grabs mit einer 25-jährigen Pflege. So kostete ein Baumgrab im vergangenen Jahr noch 2075 Euro, heute 2350 Euro. Für ein klassisches Wahlgrab für Erdbestattung blieben die Gebühren unverändert bei 1475 Euro. Die Grafik zeigt die einmaligen Gebühren für eine Bestattung.
Hier liegen die Kosten durchschnittlich bei 344 Euro für eine Erdbestattung und bei 91 Euro für eine Urnenbestattung. Insgesamt lägen die Gebühren im Vergleich mit benachbarten Städten aber unter dem Durchschnitt. Und so entschieden sich die Meerbuscher auch für die heimischen Friedhöfe. „Es gibt ja die Möglichkeit, sich in einer anderen Stadt bestatten zu lassen“, sagt Betsch. „Das machen aber die wenigsten Meerbuscher.
Und damit tragen sie dazu bei, die Friedhöfe zu erhalten“. Anfragen kämen auch von außerhalb: Unter den Bäumen in Osterath lassen sich auch Düsseldorfer beisetzen. Dennoch gibt es Leerstand auf den Meerbuscher Friedhöfen. „Wir haben zunehmend freie Flächen in den Reihen“, sagt Michael Betsch. „Urnen brauchen weniger Platz, deshalb haben wir immer mehr ungenutzte Grabstätten.“
Die Stadt erarbeite zurzeit ein Konzept zum Umgang mit diesen Flächen.