Politik in Meerbusch Wegen Corona: Stadt setzt auf einen Sparkurs
Meerbusch · Bürgermeister Christian Bommers hat im Rat den Haushalt für 2022 eingebracht. Rechnerisch ist der Entwurf ausgeglichen. Tatsächlich weist der Etat jedoch ein Defizit von 1,67 Millionen Euro aus. Die Neuverschuldung steigt.
Im sechsten Jahr in Folge ist es der Stadt Meerbusch gelungen, einen rechnerisch ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Das scheint auf den ersten Blick beruhigend. Tatsächlich aber müssen Politik, Verwaltung und Bürger in den kommenden Jahren sparen und verzichten. „Wir befinden uns im Jahr zwei, nachdem ein Virus unser aller Leben komplett auf den Kopf gestellt hat“, sagt Meerbuschs Kämmerer Christian Volmerich. „In den kommenden Jahren werden wir daher höhere Aufwendungen und weniger Erträge haben. In diesem Spannungsfeld müssen wir einen guten Mittelweg finden.“
Wie das gelingen könnte, erklärt Bürgermeister Christian Bommers. „Wir wollen die Krise meistern und dennoch den Lebensstandard in Meerbusch aufrecht erhalten.“ Um diese Herausforderung zu bewältigen, müsse man sich auf die wesentlichsten Dinge für die Entwicklung der Stadt fokussieren und Althergebrachtes auch mal hinterfragen. „Sind etwa bestimmte Serviceangebote weiterhin notwendig?“, fragt er. Heißt: Kann sich Meerbusch in Zukunft überhaupt noch leisten, in allen größeren Stadtteilen eine Bibliothek und ein Bürgerbüro zu betreiben? Bommers: „Wenn man sich vergleichbare Kommunen anschaut: Üblich ist das durchaus nicht.“ Über eine mögliche Zentralisierung könne man daher nachdenken, fordert der Verwaltungschef. Er hofft, dass die Bürger Verständnis für mögliche Einschränkungen bei einzelnen Angeboten der Stadt entwickeln.
Im Bereich Personal wird
der Rotstift angesetzt
Auch die Verwaltung selbst will sparen, wo es möglich ist. So wurde im Bereich Personal, der im Haushalt die größte Position auf der Aufwandseite ausmacht, fürs kommende Jahr der Rotstift angesetzt: „Die Verwaltung hat nur die absolut dringlichsten neuen Stellen freigegeben“, so Bommers. Kämmerer Volmerich ergänzt: „Wir haben außerdem knapp acht Millionen Euro an Mitteln für die einzelnen Verwaltungsbereiche einsparen können, indem einige geplante Dinge, die nicht zwingend umgesetzt werden müssen, verschoben wurden.“ Beispiel: Neue Fahrzeuge für den Baubetriebshof, die nun erst einmal nicht angeschafft werden.
Manche Bürger befürchten, dass als Folge der Corona-Krise auch solche Bauprojekte gestrichen werden, die von vielen erhofft werden, etwa ein neues Bürgerzentrum. Dazu sagt Christian Bommers: „Wir haben nicht vor, ein Bürgerzentrum grundsätzlich in Frage zu stellen.“ Und Kämmerer Volmerich versichert: „Alle Investitionen, zu denen es Ratsbeschlüsse gibt, haben wir auch so in den Haushalt eingeplant.“ Die Folge: Mit einem Volumen von insgesamt rund 113 Millionen Euro im Finanzplanungszeitraum bis 2025 beinhalte der Etat ein bislang nie da gewesenes Investitionsvolumen.
Kämmerer: „Verschuldung darf nicht ins Maßlose gehen“
Christian Volmerich kündigt an: „Wenn wir das alles so umsetzen, muss die Stadt neue Investitionskredite aufnehmen.“ Aktuell hat Meerbusch in diesem Bereich rund 100 Millionen Euro an Altschulden, hinzu käme eine Netto-Neuverschuldung von knapp 80 Millionen Euro. „So eine Verschuldung ist schon enorm, vor allem vor dem Hintergrund, dass Meerbusch immer gut aufgestellt war“, warnt der Kämmerer. „Wir müssen darauf achten, dass die Verschuldung nicht ins Maßlose geht, schließlich muss das Geld auch zurückgezahlt werden.“ Der Politik, die in den kommenden Wochen den Haushalt beraten wird, erteilt Bürgermeister Bommers daher den Auftrag, „sämtliche Investitionen mit Augenmaß zu überdenken“. Dabei ist er optimistisch, „dass die Politiker diesen Weg mitgehen werden und Verständnis für diese außergewöhnliche Situation zeigen“. Einige Investitionen seien jedoch trotz Sparzwang zwingend nötig. „Da können wir auch nichts schieben, weil uns einfach keine Zeit bleibt“, sagt Bommers. Was beim Sparen beispielsweise absolut unantastbar ist, sind die Bereiche Betreuung und Bildung, also die gesamte Schulentwicklung. Allein die Erweiterungen und Umbauten an den Meerbuscher Grundschulen sind mit rund 40 Millionen Euro veranschlagt, der Neubau einer Grundschule auf dem Areal Böhler II mit weiteren 16 Millionen Euro. Etwa die selbe Summe ist für den Bau neuer Kitas in Büderich, Osterath und Nierst vorgesehen.
Ein weiterer Schwerpunkt im Haushalt 2022 ist die Feuerwehr: Eine neue zentrale Feuerwache ist ebenso dringend nötig wie ein Gerätehaus für den Löschzug Osterath. Bis 2025 sind allein für Fahrzeuge und Gebäude rund 26 Millionen Euro im Etat eingeplant. Auch in den Klimaschutz will die Stadt massiv investieren, etwa in neue Radwege und ein Mobilitätskonzept. Außerdem ist die Nachfrage nach Wohnraum – mittlerweile leben in Meerbusch rund 58 500 Menschen – weiterhin ungebrochen. Bommers fasst zusammen: „Unser Ziel ist es, die finanziellen Schäden durch Corona wegzustecken – die allein belaufen sich im kommenden Jahr auf rund 10,3 Millionen Euro – und zeitgleich die teils schon lange notwendigen Investitionen umzusetzen. Das wird ein besonderer Kraftakt für uns alle, den es mit Augenmaß zu bewältigen gilt.“
Diskussion um
Erhöhung der Grundsteuer B
Sparen ist dabei das eine. Wo aber kann die Stadt neue Einnahmen und zusätzliche Erträge generieren? Eine Möglichkeit ist es, neues Gewerbe anzulocken und damit mehr Gewerbesteuer zu bekommen. Dafür sind neue Gewerbeflächen notwendig. „Wir brauchen endlich eine Entscheidung über die Entwicklung des Gewerbegebiets an der A 44 in Osterath“, fordert Bommers.
Außerdem schlägt die Verwaltung vor, die Grundsteuer B, die Hausbesitzer betrifft, erstmals seit zehn Jahren zu erhöhen, und zwar „moderat auf 480 Prozentpunkte“. Damit läge Meerbusch immer noch deutlich unter dem durchschnittlichen Hebesatz in NRW mit 578 Prozent. Für einen Hausbesitzer, der aktuell 200 Euro Grundsteuer B zahlt, wären ab 1. Januar 2022 dann 218 Euro fällig. Weitere Steuererhöhungen, etwa bei der Gewerbesteuer, der Grundsteuer A oder bei der Hundesteuer, schließt Bommers aus, ebenso höhere Gebühren, etwa bei Knöllchen. Übrigens: Dass Meerbusch als „Stadt der Millionäre“ gilt, helfe in der Krise nur wenig, bemerkt Christian Volmerich lachend. „Denn auch die Millionäre zahlen der Kommune nur einen bestimmten Anteil an Einkommensteuer.“ Was der Kämmerer mit Sorge betrachtet und aus finanzieller Sicht scharf kritisiert, ist der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz im Offenen Ganztag ab dem Jahr 2026 und damit verbunden nötige Baumaßnahmen. „Das wirkt sich massiv auf unsere Investitionsbedarfe aus und wird ein Riesenproblem. Ich würde mir wünschen, dass der Bund, der das beschlossen und die Musik bestellt hat, auch das dafür nötige Geld gibt und nicht einfach die Kommunen alleine lässt.“ In der Ratssitzung Mitte Dezember soll der Haushalt verabschiedet werden. Die Fraktionen werden den Entwurf in den kommenden Tagen beraten. „Keine leichte Kost“, gibt Bommers zu. „Ich wünsche mir dennoch, dass Politik und Verwaltung es gemeinsam schaffen, Zukunft in Meerbusch zu gestalten, Spielräume zu erhalten und ein gutes Ergebnis im Sinne der Bürger finden.“