Aktion für Meerbuscher Kinder Und plötzlich steht der Zauberer vor der Tür

Strümp. · Der Magier Peter Vohralik zaubert vor den Fenstern für Kinder, um ihnen in der Corona-Krise Spaß zu bieten.

Die sechsjährige Jule beobachtet begeistert, wie Peter Vohralik vor ihr scheinbar geschlossene Ringe ineinandersteckt.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Er wirkt ein wenig verloren, wenn er sich auf der Straße in alle Richtungen umsieht. Wie ein Vertreter auf der Suche nach einem neuen Kunden. Auch sein Auftreten im langen Mantel, mit Zylinder und einer großen, antiquierten Ledertasche passt in dieses Bild. Doch Peter Vohralik will niemandem Haushaltswaren verkaufen, er will zaubern. Und da das aktuell auf den Bühnen nicht möglich ist, geht er zu den Kindern nach Hause, macht Vorgärten und Einfahrten zu seiner Manege.

Drei Auftritte hat er an diesem Tag. Am Abend zuvor hat er in den Häusern seine Flyer verteilt, um sein Kommen anzukündigen. Jeden Tag besucht er eine andere Straße in Meerbusch. Wer ihn Zaubern sehen möchte, muss den Flyer an die Haustür hängen und warten, bis der Magier dreimal klingelt.

Seine erste Zuschauerin ist die sechsjährige Jule, die sehnsüchtig am Fenster auf ihn wartet. Dem Magier ist es wichtig, dass jeder Kontakt mit den Bewohnern vermieden wird. Eltern sind angehalten, niemanden zur Show einzuladen. Das macht die Auftritte für Vohralik sehr herausfordernd. Magie lebt von der Show, der Atmosphäre und vor allem von der Interaktion mit dem Publikum. Deshalb hat sich der Zauberer einige Tricks einfallen lassen, mit denen sich die gläserne Barriere überwinden lässt. Mit einem mobilen Lautsprecher sorgt er für die passende Musik, auf einem Notenständer hat er Schilder mit Botschaften platziert, mit denen er durch sein Programm führt. Spektakuläre Illusionen sind bei seinen Hausbesuchen nicht möglich, dafür fehlen Zeit und vor allem Platz in seiner Tasche. Er zeigt vor allem Taschenspielertricks.

Die kleinen Zuschauer dürfen
sich in die Show einbringen

Nachdem er in wenigen Sekunden sein Equipment vor Jules Fenster aufgebaut hat, geht die Show los. Vor den ungläubigen Augen des Mädchens lässt er Knöpfe und Karten verschwinden, aus der Luft Tücher erscheinen und steckt scheinbar lückenlos geschlossene Metallringe ineinander. Immer wieder darf sich das Mädchen einbringen, durch das Fenster pusten oder selbst hinter der Scheibe zaubern, um Peter zu unterstützen. Zehn Minuten dauert seine Show, bis er sich unter dem Applaus von Jule und ihrer Mutter verabschiedet, sein Equipment wieder einpackt und nach der nächsten Tür mit Flyer sucht.

Zauberer Peter Vohralik ist jeden Tag in einer anderen Straße der Stadt ­unterwegs.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Auf die Idee kam er vor knapp zwei Wochen, als er zu Hause in Langst-Kierst mit seiner Familie gespannt beobachtete, wie ein Eichhörnchen akrobatisch versuchte, an sein Futter heranzukommen. „Da dachte ich mir, dass genauso gut ich da draußen stehen könnte, um zu zaubern, ohne Ansteckungsgefahr.“ Zwei Tage später lagen die ersten Flyer in den Briefkästen. Seitdem ist er jeden Tag unterwegs. Da er weder als Zauberer, noch in seiner Malschule, die er parallel betreibt, arbeiten kann, hat er genügend Zeit für sein Projekt. Geld nimmt er für seine Auftritte nicht. Ihm geht es darum, den Kindern eine kurze Ablenkung zu bieten, denn natürlich nehmen auch sie die Ängste und Unsicherheiten der Corona-Krise wahr. „Ich freue mich, wenn ich den Leuten gut in Erinnerung bleibe“, sagt er.

Seine nächste Zuschauerin an dem Tag ist die elfjährige Charlotte. Mit Kreide hat sie ihm auf den Boden genau markiert, wo er hinkommen soll. Ihre Mutter Britta hat dagegen zum Dank eine Packung mit Schokolade vor das Fenster gestellt. „Man weiß nie, was einen erwartet“, erzählt Peter. Einmal habe ihm ein Kind mit Gartenstühlen und Kuscheltieren eine kleine Manege gebaut. Ein anderes Mal stand Peter bis zur Brust in einem Gebüsch, um nah genug am Fenster stehen zu können. Dieses Mal darf er es sich jedoch auf der Hauseinfahrt bequem machen.

Sein Auftritt ist der zweite an diesem Tag, jedoch mindestens der 50., seitdem er mit seinen magischen Hausbesuchen angefangen hat; jedes Mal mit denselben Tricks. Und dennoch zeigt er immer wieder dieselbe Begeisterung bei seinen Auftritten. „Wenn ich sehe, wie sich die Kinder über meine Tricks freuen, ist das wunderbar.“ Und das gilt auch für Charlotte und ihre Mutter, die den Zauberer nach seinem Auftritt mit lautem Jubel verabschieden.

Dass seine Aktion so viel positive Resonanz hervorrufen würde, hätte Peter jedoch nicht erwartet. Nicht nur bei seinen Zuschauern, sondern auch in sozialen Netzwerken wie Facebook. Zudem haben sich schon deutschlandweit einige Nachahmer gefunden, die jetzt ebenfalls vor den Fenstern ihr magisches Können zeigen. Wie lange Peter mit der Aktion weitermachen will? Das weiß er selbst nicht. Denn niemand kann abschätzen, wie lange die aktuelle Situation noch so bleibt. Aber es gibt schließlich noch genügend Straßen in der Stadt, die der Magier noch nicht besucht hat.