Der Arbeitsplatz wird angepasst

Landschaftsverband zeichnet die Firma Rhein-Getriebe als vorbildlichen Arbeitgeber für Behinderte aus.

Büderich. Warum die Rhein-Getriebe GmbH in Büderich im November vergangenen Jahres vom Landschaftsverband Rheinland mit dem Prädikat „Behindertenfreundlicher Arbeitgeber“ ausgezeichnet wurde, war Roman Hiersig zunächst gar nicht so klar. „Seit ich hier im Betrieb bin, hatten wir schon immer Mitarbeiter mit einem Handicap. Das war in gewisser Hinsicht eine Selbstverständlichkeit“, sagt der Geschäftsführer.

Derzeit sind sechs Prozent der 50 Mitarbeiter in dem mittelständischen Familienunternehmen, das sich vor allem auf die Montage von Getrieben für die Medizintechnik spezialisiert hat, behindert. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Quote von fünf Prozent. Firmen, die diese Quote nicht erreichen, müssen eine Abgabe zahlen. „Knapp 80 Prozent aller Unternehmen in Deutschland kaufen sich meines Wissens frei. Bei uns hat es das in den vergangenen sechs Jahren nicht mehr gegeben“, erklärt Hiersig.

Als der Geschäftsführer vor 15 Jahren in das Unternehmen an der Grünstraße kam, hatte er ein Schlüsselerlebnis. „Ein Beschäftiger hat seine Arbeit nicht wirklich gut gemacht. Er hatte einen total konfusen Rhythmus. Ich habe ihm extra seine Aufgaben auf einer Exel-Tabelle aufgelistet, doch das hat auch nicht geholfen.“ Kurze Zeit später habe ihn dann ein Kollege darauf aufmerksam gemacht, dass der Mann weder lesen noch schreiben könne. „Das wusste ich nicht. Und auch nicht, dass er autistisch veranlagt war, wie sich später herausstellte“, erzählt Hiersig.

Der Firmenchef gab den Angestellten nicht auf. „Er wusste gar nicht, welche finanzielle Hilfe ihm aufgrund seiner Behinderung vom Staat zusteht“, erinnert sich Hiersig. Mit Unterstützung von Betriebsrat, Betriebsarzt, Integrationsfachdienst und dem Landschaftsverband wurde der Arbeitsplatz des Mitarbeiters genau auf dessen Fähigkeiten zugeschnitten. Der Beschäftigte blieb bei dem Büdericher Unternehmen bis zur Rente.

„Es sind häufig Kleinigkeiten, die Menschen mit einem Handicap helfen. Ein individuell verstellbarer Schreibtischstuhl oder Tisch kann da manchmal schon ausreichen“, sagt Hiersig, der erst als Mitglied des Rotary Clubs gelernt hat, unbefangen mit Schwerbehinderten umzugehen. „Wir haben es hingekriegt, dass keiner unserer Mitarbeiter in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Auch die behinderten Mitarbeiter sind voll integriert.“

Bei Rhein-Getriebe arbeiten momentan keine geistig behinderten Menschen oder Beschäftigte mit einer sichtbaren körperlichen Behinderung. Doch auch bei der Beschäftigung von Krebskranken, Männern mit Herzschrittmachern oder Menschen, die eine Beeinträchtigung der Lunge aufweisen, gelte es, die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz auf die persönlichen Voraussetzungen des jeweiligen Beschäftigten abzustimmen, betont Hiersig.

Viermal im Jahr gebe es in dem Büdericher Betrieb eine Arbeitssicherheitssitzung, die auch genutzt werde, mögliche Herausforderungen, die der Arbeitsplatz eines Behinderten mit sich bringe, zu besprechen, erzählt der Geschäftsführer. Roman Hiersig verhehlt nicht, dass ihn die Auszeichnung des Landschaftsverbandes ein wenig stolz macht. „Wir haben die kleine Trophäe, die übrigens auch von Behinderten angefertigt wurde, ja nicht umsonst direkt am Eingang postiert“, sagt Hiersig lachend.