Ein Feldzug wird zum Freizeitspaß
Die Mitglieder des Schützenzugs „Rote Friderizianer“ tauchen für vier Tage in die Vergangenheit ab und spielen im Niederrheinischen Freilichtmuseum die historische Schlacht von Krefeld nach.
Der Tag im 18. Jahrhundert beginnt ruhiger als im normalen Leben: Kinder verkaufen selbstgebastelte Ketten aus einem Bauchladen, Soldaten schlendern mit Bollerwagen über die Wiese, Bärbel Mosch näht im Lager des Regiments „von Hardenberg“ Aufnäher auf einen Uniformrock. Ab 13 Uhr ist es mit der Ruhe vorbei: „Dann haben wir die Böllererlaubnis“, sagt Hauptmann Stefan Mosch. Dann kann auch eine Kanonenkugel fliegen.
Stefan Mosch, Hauptmann im Regiment „von Hardenberg“
Während zwischen Osterath und Grefrath normalerweise nur 30 Kilometer liegen, trennen die beiden Städte in diesen Tagen drei Jahrhunderte. Die Mitglieder des Schützenzugs „Rote Friderizianer“ aus Osterath leben auf dem Gelände rund um die Dorenburg in einem Zeltlager wie damals, vier Tage lang ohne Strom, in traditionellen Uniformen, sie schlafen auf Feldbetten. „Zuhause drücke ich morgens auf den Knopf an der Kaffeemaschine“, erzählt Mosch. In diesen Tagen läuft das anders: „Ich stehe auf, mache Feuer, dann gehe ich Wasser holen, warte eine halbe Stunde bis es kocht.“ Erst dann gibt es Kaffee.
„Reenactment“ heißt das, wozu sich zurzeit im Niederrheinischen Freilichmuseum Grefrath etwa 160 Gleichgesinnte treffen. 24 von ihnen kommen aus Osterath. 2005 setzten sich Mitglieder des Schützenzugs „Rote Friderizianer“ mit der Geschichte der Schlacht von Krefeld auseinander, die nur wenige Kilometer entfernt stattgefunden hatte. Für das Schützenfest rekonstruierten sie die Uniformen des Regiments „von Hardenberg“ und fanden so ihren Weg in die Reenactmentszene. „Das ist lebendige Geschichte für die ganze Familie“, sagt Mosch. Zusammen sitzen die Familien abends am Lagerfeuer, kochen Gemüsesuppe mit Würstchen oder Haxen. Tambour Ralf Meese spielt ein Stück auf seiner Schwegelpfeife. Vier Tage ohne Handy, ohne Stress — „man entschleunigt“, sagt der Vorsitzende Jörg Westerling.
Mit den unterschiedlichen Regiments stehen die Osterather im Kontakt. An allen vier Tagen spielen die Soldaten Gefechtsszenen nach. „Gestern haben die Preußen versucht, die Burg zu erobern“, sagt Mosch. „Wir haben sie aber verteidigt.“ Dafür haben die Soldaten historische Steinschlossgewehre. Westerling hat etwa eine Brown Bess, bis zu Zeiten Napoleons sei diese im Einsatz gewesen, erklärt er. Wer damit schießen möchte, braucht einen Pulverschein. Ein teures Hobby: „Wenn man sich so ein Gewehr anschafft, hat man rund 1000 Euro investiert, bevor man zum ersten Mal schießt“, sagt Mosch.
Bei manchen Gefechten liegt der Frieden aber näher als man denkt, Schüsse braucht es dazu nicht: „Gestern gab es am Ende eine Verhandlung. Wenn ihr geht, bekommt ihr von uns ein Bier, haben wir gesagt. „Damit haben sich die Preußen schon zufriedengegeben“, sagt Mosch und lacht.