Ein Landesminister an den Plattentellern
Norbert Walter-Borjans, heute Finanzminister Nordrhein-Westfalens, erinnert sich an seine Kindheit und Jugend in Lank-Latum
Der Terminkalender ist eng getaktet. Washington, Berlin und direkt danach Lank-Latum — das sind die Orte, an denen Norbert Walter-Borjans in der vergangenen Woche war. In Übersee stand die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auf dem Programm, und in der Bundeshauptstadt war der NRW-Finanzminister als Berichterstatter zur Reform der Erbschaftssteuer gefragt.
Aber schon während dieser Termine freute sich Norbert Walter-Borjans auf ein persönliches Highlight, die Premiere des Lotumer Buretheater Stücks in dem Ort, in dem er aufgewachsen ist. „Das verpasse ich fast nie, hier höre ich heimatliche Klänge“, erzählt der Finanzminister beim abendlichen Rundgang über den Markt in Lank-Latum.
Norbert Walter-Borjans, NRW- Finanzminister, über seinen Heimatort Lank-Latum
Im Lanker Elternhaus — „hier war ich nach der Geburt im Krefelder Krankenhaus ab dem sechsten Tag meines Lebens zuhause“ — wurde Hochdeutsch gesprochen. Das hat der Sohn eines Schreiners und einer Schneiderin bei einer Frau aus Breslau gelernt, die als Flüchtling in Lank lebte: „Ihr habe ich das Hochdeutsch zu verdanken.“ Heimat aber bedeutet für den Finanzminister auch Erinnerung an Jugend und Schulzeit: „Das alles hier wiederzusehen, ist Nostalgie pur“. Nach der Grundschule an der Kemperallee folgte das Gymnasium Fabritianum in Krefeld und später ein Studium in Bonn sowie die Promotion zum Dr. rer. pol. in Köln. Lank aber blieb auch in der Studienzeit präsent: „Ich war jedes Wochenende zuhause.“ Noch heute gibt’s Verbindungen zu Tischtennisfreunden, zum Steuerberater und zu „uralten Kumpels“ wie Peter Pütz, der über das Buretheater-Programm informiert.
Zwei- bis dreimal im Jahr kommt Norbert Walter-Borjans nach Lank-Latum. Hier wohnt seine Cousine, und da er keine Geschwister hat, ist der Kontakt besonders eng. Vor dem Marktbrunnen erinnert er sich an „ein Novum auf diesem Platz“: „Wir haben als Schüler gegen die Umbaupläne des Jugendheims von Pfarrer Euskirchen demonstriert. Er war entsetzt. Aber wir hatten Erfolg.“ Und auch an die Zeit Ende der 1960er Jahre erinnert er sich. Damals trat er als DJ im Rahmen der KJG-Aktivitäten im Fronhof auf: „Heimat darf nicht nur konsumiert werden, Heimat ist für mich mitmachen, etwas aus Lank machen. Das war immer meine Devise.“
Später, beim Gespräch im Bistro Am Wasserturm, erzählt Walter-Borjans: „Als ich für einen redaktionellen Bericht vor dem Kölner Dom fotografiert werden sollte, habe ich darauf bestanden, das Foto vor St. Stephanus in Meerbusch zu machen.“ Heimat ist also auch nach 36 Jahren am Wohnort Köln sehr wichtig: „Ich mache nichts Halbes. Irgendwann wurde es Zeit, das NE-Zeichen am Auto abzulegen. Inzwischen liebe ich Köln. Meine vier Kinder sind hier aufgewachsen, trotzdem bleibt Lank meine Heimat.“ Die Veränderungen im Stadtteil nimmt Norbert Walter-Borjans erfreut wahr: „Heute gibt es rund um die Ortsmitte viele Schmuckstücke.“ Dass ihn das Wiedersehen mit dem ehemaligen Pfarrvikar Hermann-Josef Schagen oder dem Landtagsabgeordneten und Lanker Bürger Oliver Keymis bei einem Glas Alt vor dem Forum Wasserturm sehr freut, ist dem Finanzminister anzumerken. Ob er irgendwann „für immer“ in die Heimat zurückkommt, ist allerdings ungewiss: „Wenn ich hier bin, stelle ich mir das schon mal vor meinem inneren Auge vor. Aber dann merke ich, dass Lank meine Heimat, aber Köln mein Zuhause ist.“