Fahrradwerkstatt: Hilfe zur Selbsthilfe für Kinder
Wolfgang Klein hat in Thailand schon diverse Projekte angestoßen. Das neuste: eine Fahrradwerkstatt.
Osterath. Es begann 2008 mit einem Urlaub in Thailand. Wolfgang Klein lernte dabei nicht nur die schönen Seiten des Landes kennen, sondern auch das Elend in abgelegenen Dörfern. Es war die Initialzündung für eine beispiellose Hilfsaktion mit Nachhaltigkeit.
Kleiderspenden, die Versorgung mit Essen oder Schulmaterialien sowie die Sanierung von Schultoiletten nahmen Klein und einige Mitstreiter, vor allem Deutsche, in den folgenden Jahren in Angriff.
2010 wurde der gemeinnützige Verein Giving Day Project gegründet, damit den Aktionen — vorwiegend in der nordthailändischen Kleinstadt Chiang Khong sowie in der näheren Umgebung — ein solides Fundament zugrunde liegt.
Ende vergangenen Jahres wurde ein neues Projekt in Angriff genommen: die Eröffnung einer kleinen Fahrradwerkstatt. „Viele der Kinder in der Umgebung besitzen zwar ein Rad, das aber nur selten wirklich fahrtüchtig ist“, erklärt Klein die Ausgangssituation.
Mit dem vor Ort wohnenden Briten Alan Bate, begeisterter Radfahrer, Besitzer eines Fahrradmuseums und dem Hilfsprojekt von Anfang an eng verbunden, suchte der Osterather nach einem geeigneten Raum für die Verwirklichung der Idee.
Der war schnell gefunden. „42 Quadratmeter groß, zwei Fenster, ein Rolltor und davor ein großer, verkehrsarmer Platz, wo auch Feste stattfinden können“, erzählt Klein.
Im November begann die Renovierung. Der gelernte Elektriker und ehemalige Henkel-Mitarbeiter Klein übernahm die Elektroinstallationen, in der nächst größeren Stadt wurden Regale, ein Kompressor, Spezialvorrichtungen und -werkzeuge sowie eine massive Arbeitsplatte besorgt.
„Alles wurde in Gelb und Orange, der klassischen Mönchsfarbe, gestrichen, die Decken mit Tüchern in der gleichen Farbe abgehängt, um eine freundliche Atmosphäre zu schaffen“, blickt Klein zurück. Nach gut drei Wochen war alles fertig.
Ein 19-jähriger Thai wird die Werkstatt leiten, zunächst nur am Wochenende. „Er ist der einzige, der Geld bekommt“, sagt Klein. Der Plan: Mit einem alten VW-Bus sollen die Schulen abgeklappert und defekte Räder zur Reparatur mitgenommen werden. „Wir würden uns aber natürlich auch freuen, wenn die Werkstatt zu einer Art Treffpunkt für die Kinder wird“, sagt der 59-Jährige.
Mit einem großen Fest sollte die Eröffnung gebührend gefeiert werden. 80 Kinder aus der Umgebung wurden eingeladen. „Wir haben gesungen und gespielt, es gab Süßigkeiten, aber auch ein vernünftiges Mittagessen“, berichtet Klein. Der Hit schlechthin unter den Kindern: tanzen im Gangnam Style.
Mehrere junge Mädchen zwischen zehn und 16 Jahren halfen bei der Durchführung, wie in einem Film, der auch auf der Internetseite von Giving Day Project abrufbar ist, zu sehen ist. „Sie haben alle ein schweres Schicksal hinter sich, wurden zum Teil vergewaltigt und leben in der Nähe in einem Camp“, erzählt der Osterather.
Ein besonders fröhliches junges Mädchen fällt in dem Film sofort ins Auge. „Beer ist unser erstes Patenkind“, erklärt Klein. Von der Mutter abgegeben, landete sie bei der Oma, als die starb, hatte sie niemanden mehr.
„Jetzt lebt die Elfjährige bei ihrem Stiefvater mit dessen neuer Frau, geht zur Schule, hat ein Rad, 600 Euro auf einem Konto geparkt und einen Euro Taschengeld am Tag“, so Klein.
Giving Day Project sucht jetzt gezielt nach weiteren Patenkindern. „Es geht vor allem darum bestimmte Bedürfnisse zu befreidigen — ein Fahrrad, Schulsachen, Kleidung oder vielleicht auch nur Zahnpasta“, erklärt Wolfgang Klein.