Osterather Turnverein Meerbuscherin nimmt trotz Multipler Sklerose am Leben teil
Vor 15 Jahren brach bei Dagmar Schotter die Krankheit aus. Heute sucht sie das positive im Alltag – und macht anderen Erkrankten Mut.
Wenn Dagmar Schotter eine E-Mail schickt, verabschiedet sie sich „mit sportlichen Grüßen“. Schließlich hat sie als Zehnjährige beim Osterather Turnverein angefangen, damals mit Turnen. Das war eigentlich gar nicht ihr Ding. So kam sie zum Badminton, hat in der Mannschaft gespielt und als Übungsleiterin Kindern das Spiel nahe gebracht. „Ich habe alles gegeben. Und wenn ich in den Beinen Krämpfe hatte, habe ich weitergemacht“, erzählt die 55-jährige Osteratherin.
Seit 2004 ist damit Schluss. Dagmar Schotter war damals 40 Jahre alt, also eigentlich noch eine junge Frau, und erkrankte an Multipler Sklerose. Ihre Ärzte hatten die Krankheit erst spät erkannt. Doch schon als junges Mädchen litt Dagmar Schotter an einem Zittern der Hand. „Wenn jemand mit mir Kaffeetrinken gehen wollte, war mir das peinlich“, erinnert sie sich: „Ich merkte, ich bin anders.“
Schotter hat die Krankheit als Teil ihrer Persönlichkeit akzeptiert
Heute, 15 Jahre nach dem Ausbruch der Multiplen Sklerose, sagt Schotter, habe sie ihre Krankheit als einen Teil ihres Lebens akzeptiert. Seit dem Jahr 2014 sitzt sie im Rollstuhl und arbeitet für den OTV am Computer von zu Hause aus. Für das Gespräch im Café von Edeka in Osterath hat sie ihren eigenen Glasbecher mit Deckel und dickem Strohhalm mitgebracht, damit sie nichts verschüttet. Ihre große, pinkfarbene Tasche hat sie auf dem Schoß an die Gürteltasche geschnallt. Und wenn sie etwas vom Boden aufheben muss, hat sie dazu eine Greifzange dabei. Schotter weiß sich zu helfen.
Aber sie hat auch gelernt, sich helfen zu lassen. Ihr Lebensgefährte, ihre 85-jährige Mutter und ihren vier, mittlerweile erwachsenen Kinder stehen fest zu ihr und unterstützen Schotter, weiter nach draußen zu gehen und am Leben dort teilzuhaben. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten besucht sie Spiele der Fortuna und Konzerte. Die Handballspiele ihres Sohnes verfolgt sie von einer kleinen Tribüne aus, die extra für sie eingerichtet wurde. „Wichtig sind für mich auch beste Freundinnen, die mich immer wieder vor die Türe locken, mit mir spazieren zu gehen, egal wie ich mich fühle, oder mal mit mir Schwimmen zu fahren“, sagt sie.
Viele Menschen, die an MS erkrankt seien, zögen sich zurück und machten ihre Krankheit auch nicht öffentlich. Schotter möchte sie gerne ermutigen und hofft, für eine neue Sportgruppe beim Osterather Turnverein für an Parkinson erkrankten Menschen Mitstreiter zu finden. Schön fände sie auch, wenn andere Interessierte mitmachen.
Die schwere Krankheit geht
einher mit Stimmungstiefs
Natürlich hat auch Schotter immer wieder Zeiten, in denen sie sich zurückzieht und lieber nicht auf der Straße gefragt werden möchte, wie es ihr geht. Aber ihr ist es wichtig, trotz der Krankheit unter Menschen zu gehen. Sie ist auf Facebook aktiv und mit anderen an MS Erkrankten im Austausch. Wenn sie erlebt, dass ein Mann, der nur noch liegen kann, schöne Fotos postet und ein Bilderrätsel einstellt, dann begeistert sie das: „Das ist so positiv.“ Und sie selbst lässt ihre Facebook-Freunde mit viel Humor an ihrem Alltag teilhaben: „Tataaa!!! Der einfache Deckenlifter ohne Elektroantrieb wurde bewilligt.“
Eines allerdings hat sie sich abgewöhnt: Auf die Frage, wie geht es dir, zu sagen „gut“. „Das habe ich einige Male gemacht, und in der Woche darauf ging es mir schlecht. Ich sage jetzt lieber: ,Mir geht es heute nicht schlecht’“, erzählt sie. Und Schotter weiß, was ihr gut tut: kräftige Farben, wie bei einem Tuch in leuchtenden Rot- und Orangetönen, und ein T-Shirt mit einem schönen Mottospruch darauf. Eines mag sie ganz besonders: „I’ll never roll alone“ (Ich rolle nicht alleine) steht darauf. Das haben ihr ihre Kinder geschenkt.