Senioren in Meerbusch Angst vor steigender Sterberate

Meerbusch · Besuchsregeln in Senioreneinrichtungen sollen, so NRW Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, gelockert werden. Vor Ort wird das kritisch gesehen.

Detlef Wacker ist Einrichtungsleiter in Büderich.

Foto: Ja/Anne Orthen (ort)

Seit Monaten herrschen in den Meerbuscher Altenheimen und Pflegeeinrichtungen strenge Hygienevorschriften. Das Tragen von Masken, das Desinfizieren der Hände und Abstandhalten gehören für die Bewohner, die Pfleger und auch Besucher zum Alltag. Vor dem Besuch von Angehörigen steht immer ein Telefonat und eine Terminvergabe für einen Schnelltest im Haus. Mittlerweile sind die meisten – wenn auch nicht alle – Bewohner gegen das neuartige Virus geimpft. Dennoch wird in den Einrichtungen auf gemeinsames Essen, Singkreise oder Gottesdienste aus Vorsicht noch immer verzichtet.

Nun hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann Lockerungen für die Einrichtungen in Aussicht gestellt und einen Erlass auf den Weg gebracht. So soll es zum Beispiel keine Tests mehr für die Senioren im Haus geben, die bereits geimpft sind. Auch dürfen bis zu fünf Besucher und Kinder unter 14 Jahren zu einem Besuch von Oma oder Opa ins Haus kommen. Gemeinsames Essen im Speisesaal und Freizeitaktivitäten (Gymnastikgruppen, Mal- und Bastelnachmittage) sollen wieder zum Alltag der Senioren gehören.

„Mit gesundem Menschenverstand sind diese Lockerungen nicht nachvollziehbar“, sagt Detlef Wacker, Einrichtungsleiter des Johanniter Stifts Meerbusch in Büderich. Nur rund 75 Prozent der Senioren und 75 Prozent des Pflegepersonals in der Einrichtung seien geimpft. Ständig kämen neue Bewohner hinzu, die auch als über 80-Jährige noch nicht geimpft seien. „Das Personal und die Bewohner fallen durch diese Lockerungen wieder in das Risiko, zu erkranken. Die Sterberate wird sich wieder erhöhen, und wir in den Einrichtungen sind die Leidtragenden“, sagt Wacker verständnislos. Es sei ein Politikum, sich „in der Öffentlichkeit so großzügig“ zu zeigen und den Angehörigen Versprechungen zu machen. Wacker ist froh, dass im Moment alle Personen im Johanniter Stift gesund seien und wolle an die Risiken, die gemeinsame Singkreise oder Gottesdienste mit sich brächten, gar nicht denken.

Aus dem Pflegehaus Meridias Meerbusch in Strümp ist zu erfahren, dass die Lockerungen in der laufenden Woche zunächst noch nicht umgesetzt würden. Erst wenn Einrichtungsleiter Martin Kohls aus dem Urlaub zurück sei, werde man sich damit beschäftigen.

In einer eigens dafür eingerichteten Konferenz setzten sich die Mitarbeiter der Caritas Einrichtung Hildegundis von Meer in Osterath zusammen, um über die geplanten Lockerungen der Corona-Regeln in den Heimen zu beraten. Anke Kuthe, Koordinatorin Stationäre Seniorendienste bei der Caritas und somit auch zuständig für das Caritashaus Hildegundis von Meer, sagt auf Anfrage dazu: „Der Caritasverband hält sich an die Allgemeinverfügung des Rhein-Kreises Neuss. Diese schreibt unter anderem die Regeln für Hygiene, Abstände und Testungen vor. Im Vergleich zur vorher gültigen Fassung sieht sie in Teilbereichen Lockerungen vor. Diese setzen wir selbstverständlich und unverzüglich um. Da wir bei den Testungen Unterstützung der Bundeswehr erhalten, bieten wir unseren Mitarbeitenden, Bewohnern und Besuchern zusätzlich die Möglichkeit, sich auch außerhalb des vorschriftsmäßigen Rhythmus‘ testen zu lassen.“

Olga Jabs, Sprecherin der Malteser Einrichtungen, dazu gehört auch das Malteserstift St. Stephanus in Lank, versichert, dass die neuen Verordnungen geprüft werden: „Auch wenn wir den Wunsch nach mehr Normalität verstehen können, hat für uns die Sicherheit der uns anvertrauten Menschen und unserer Mitarbeitenden höchste Priorität. Darum prüfen wir die neuen Vorgaben vollumfänglich, um daraus bestmögliche Entscheidungen für alle Beteiligten abzuleiten.“

Alle Senioreneinrichtungen in Meerbusch sind um das Wohl der Bewohner bemüht und achten – mit oder ohne Lockerungen – aufmerksam auf deren Gesundheit.