Groß und Klein im Panini-Sammelfieber

In Büderich gab es am Wochenende eine Tauschbörse, um das EM-Stickeralbum zu füllen.

Foto: Ulli Dackweiler

Die Panini-Bildchen haben das Warten auf die EM 2016 erleichtert. Das Fußballturnier läuft, und die Sammler werden nervös. Das Album ist noch nicht voll. Neue Päckchen zu kaufen, macht wenig Sinn. Sind eh nur Doppelte drin. Man tauscht auf dem Schulhof, im Büro, im Internet, lässt keine Gelegenheit aus, wie die am Samstagvormittag. Für zwei Stunden veranstaltete die Büdericher Buchhandlung Gossens eine Tauschbörse — zwei Stunden lässt sich das das Panini-Phänomen studieren.

Birgit Kohler, 66 Jahre, und Moritz, elf Jahre, sichten gegenseitig ihre Sticker-Sets. Wie die anderen Sammler führen sie Listen von den fehlenden Bildchen. 58, 233, 393 — auf der Börse kommuniziert man mit Zahlen und mit „Haste? — Ja?“ Dann macht man hinter den Ziffern auf der Liste ein Häkchen. „Ich habe neulich zehn Päckchen für sieben Euro gekauft. Von den 50 Stickern brauchte ich acht“, sagt Kohler frustriert. Sie ist für ihren Sohn zur Börse gekommen und konnte den Leerstand im Album halbieren.

Es ist das übliche Sammelbilderproblem: Wie viele Bilder einer Serie muss man kaufen, um das Album zu vervollständigen? Auch für diese EM haben Mathematiker gegrübelt. Das Album ist mit 680 Aufklebern — Spieler, Mannschaften, Stadien — zu bestücken. Fünf Bilder je Tüte gibt es für 70 Cent. Im Idealfall zahlt man 95,20 Euro, also wenn beim Kauf kein Bild zweimal auftaucht — was unwahrscheinlich ist. Andere Rechnungen ergeben, dass durchschnittlich 522,90 Euro (747 Tüten) oder sogar bis zu 676 Euro zu investieren sind. Es liegt nahe, dass Sammler ihre Strategien optimieren — durch Kauf oder Tausch. Und bestimmt ist der Spaß beim Tausch gegen die Kosten aufzurechnen. Die Teilnehmer bei der Börse schätzen, bisher rund 100 bis 150 Euro ausgegeben zu haben.

Mechthild Schmitges (62) hat eine Sammel-App auf dem Smartphone: „Damit ich den Überblick behalte.“ Die Sammler halten die Bildchen umgedreht, auf der Rückseite prangt die Nummer. Ob Cristiano Ronaldo, Gareth Bale oder Thomas Müller — deren Marktwert ist für das Panini-Album zweitrangig: „Mir geht es darum, alle Sticker zu bekommen“, sagt Lasse (9). Moritz nickt und erzählt, wie er das finanziert: „Eigentlich hat meine Mutter bei der letzten WM geschworen, nie mehr Geld für die Sticker auszugeben.“ Seine Eltern kauften ihm dann doch fünf Päckchen pro Woche. „Ich habe rund 30 Euro Taschengeld ausgegeben. Aber im Schätzen bin ich schlecht.“ Lasse verhandelt, das Angebot: fünf Euro für 20 Sticker. Er zuckt die Schultern: „Hm, ich weiß nicht. Fünf Euro?“ Der Rat seiner Mutter: „Ach, ich habe keine Ahnung und muss noch einkaufen.“ Wenig später — und Lasse verkauft seine Sticker. Eltern tauschen für ihre Kinder oder warten auf das Ende der Börse.

Die Panini-Bildchen sind nach aufsteigender Nummer sortiert, die Stapeln mit Gummis umspannt und in Tupperdosen bewahrt. Ein Album ist in einer Schulbuchhülle verpackt, andere Alben sind ziemlich zerknittert — wie die von Bruno (7) und Elise (11). Mit ihrem Vater Christian Mannerstrale sind sie aus Schweden nach Büderich angereist, wo der Großvater wohnt: „In Schweden ist das Panini-Sticker-Sammeln noch nicht so etabliert.“ „Wir sind Deutschland-Fans“, sagt Elise. „Doch im Album ist die Schweden-Seite voller.“ Die Börse ermöglicht, dass Elise das Team aus dem Norden komplett hat. Sticker 551. Endlich. „Beeilt euch“, sagt Mannerstrale. „Wir müssen gleich los.“ Die Familie hatte Karten für das Spiel Deutschland gegen Ukraine gekauft. Opa packt derzeit den Caravan. Büderich ist nur Zwischenstation auf dem Weg nach Frankreich zu den realen Stadien, Spielern und Teams.