Ausbildung in Meerbusch Mit 29 Jahren drückt Alireza Talebi erneut die Schulbank
Osterath · Der Bedarf an Fachinformatikern ist groß. Alireza Talebi war das Studium zu theoretisch. Bei der Firma Image Arts absolviert er nun eine Ausbildung. Erst 2018 kam er aus dem Iran nach Deutschland.
. Er ist erst seit gut drei Wochen an seinem Ausbildungsplatz, doch Alireza Talebi arbeitet schon eifrig an einem ersten eigenen Projekt und erstellt eine Website. „Wir sind glücklich mit ihm“, sagt Holger Beckman, Geschäftsführer der Firma Image Arts aus Osterath. Die Internetagentur, die 2000 von ihm und seinen beiden Partnern gegründet wurde, erstellt Websites für Unternehmen und entwickelt Software unter anderem für Energieversorger. Das Erstellen individueller Webapplikationen gehört ebenfalls zum Aufgabenfeld der zwölf Mitarbeiter starken Agentur, die auf dem Gelände vom Autohaus Nauen ihren Firmensitz hat.
Alireza Talebi hat am 1. August bei Holger Beckmann als Auszubildender Fachinformatiker/Anwendungsentwicklung angefangen. „Wir duzen uns alle und sind eigentlich wie Freunde“, sagt Talebi schon nach den ersten Tagen. Talebi ist gemeinsam mit seiner Frau – „Hier ist sie meine Freundin“ (weil die Hochzeitsurkunde aus dem Iran noch nicht angekommen ist). 2018 sind sie nach Deutschland gekommen, waren im Flüchtlingsheim untergebracht und haben Deutschkurse absolviert. Alireza Talebi hat in Hannover ein Studienkolleg besucht. „Mein Ziel war es eigentlich, an einer Universität zu studieren“, erinnert er sich. Doch dieses Informatikstudium schien ihm zu theoretisch und deshalb entschied der sich, an der Hochschule Niederrhein Informatik zu studieren. „Aber das war nicht besser dort, es war reinste Theorie. Und so brach ich nach einigen Semestern wieder ab“, sagt der Auszubildende mit Wohnsitz in Düsseldorf. In Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit hat er dann Bewerbungen geschrieben, denn er wollte unbedingt praktisch arbeiten. „Das geht vielen Studienabbrechern so“, sagt Beckmann. An den Unis und Hochschulen werde angewandte Mathematik gelehrt und nicht Informatik. Das führe zu den zahlreichen Studienabbrüchen.
Schon beim Schnuppertag in der Firma habe er das technische Verständnis von Alireza Talebi erkannt, erinnert sich Beckmann an den Praktikumstag des Bewerbers. Deshalb habe man ihm dann auch gerne den Ausbildungsvertrag unterschrieben.
Englisch als Alternative,
falls ein Wort fehlen sollte
Ein- bis zweimal in der Woche ist der Auszubildende in der Berufsschule in Neuss und dabei längst nicht der Älteste. „Ein Mitschüler ist bereits 32, auch andere sind 25 und 35 Jahre alt“, hat Alireza schon an den ersten Schultagen mitbekommen. „In unserer Branche nehme wir sehr gerne ältere Bewerber. Die haben schon in die Informatik durch Praktika und Unis hineingeschnuppert und wissen genau, was sie wollen und können“, sagt Beckmann.
Auch Alireza Talebi weiß genau, was er will: „Ich will meine Deutschkenntnisse verbessern und die Programmiersprache erlernen“, sagt er. Dabei ist sein Deutsch sehr gut. Falls ihm einmal das eine oder andere Wort fehlen sollte, kommunizieren die Kollegen Englisch miteinander. Auch wünscht er sich, von der Firma Image Arts übernommen zu werden.
Die Chancen dazu stehen, auch wenn er sich ganz am Anfang seiner dreijährigen Ausbildung befindet, gut. „Fast alle unsere Mitarbeiter sind ehemalige Auszubildende“, sagt Holger Beckmann. Auch bietet der Betrieb unterstützend ein anschließendes duales Studium an einer privaten Hochschule in Neuss an. Für Talebi ist das alles Zukunftsmusik. Er hofft im Moment auf seine Unterlagen aus dem Iran. Seine Heiratsurkunde, sein Abiturzeugnis und seine Studiennachweise. Denn vor seiner Flucht aus der Heimat hat Alireza Talabi im Iran auf Lehramt studiert. Deshalb beschäftigt er sich auch mit seinen ersten Programmierarbeiten im Umfeld von Schulprüfungen. „Unsere Ausbildenden werden mit kleinen eigenen Entwicklungen beauftragt, begleiten aber auch Kollegen bei Besuchen bei Kunden oder im Rechenzentrum“, sagt Beckmann. Der neue Azubi freut sich schon auf seine Softwareentwicklung und natürlich auf individuell für die Image-Arts-Kunden gestaltetete Webapplikationen.