Kunst aus Beton Meerbuscher Künstlerin lässt Oma Elfriede wieder strahlen
Osterath. · Bereits zum zweiten Mal wurde die Betonfigur in Thüringen schwer beschädigt. In der Osterather Werkstatt von Bärbel Kolberg wird sie nun in Handarbeit repariert. Die Künstlerin hatte sie vor rund zwölf Jahren erschaffen.
Eine schwere Krankheit konnte bei Oma Elfriede nicht festgestellt werden. Trotzdem kam die Betonfigur aus dem thüringischen Eberstedt jetzt zur Kur nach Meerbusch.
„Sie ist unsere Rekonvaleszentin“, erklärt Bärbel Kolberg. Die Künstlerin hat die Figur vor rund zwölf Jahren in der Osterather Werkstatt „Kunst aus Beton“ erschaffen und ihr damit Leben eingehaucht. „In liebevoller Handarbeit“, betont Bärbel Kolberg. Sie weiß, dass ihr zum Maskottchen der Eberstedter gewordenes Kunstwerk im Weimarer Land, wo es gelassen auf einer Bank sitzt, gut aufgehoben ist.
„Sie wird mindestens 100 Mal am Tag fotografiert“, erzählt Eberstedts Bürgermeister Hans-Otto Sulze. Schließlich gehört Oma Elfriede seit 2009 zur Gemeinde und bekam sogar im Frühjahr aus Solidarität in Corona-Zeiten auch eine Mund-Nasen-Maske aufgesetzt. Groß war deshalb der Schock, als Ende Juni Randalierer durch die Ilm-Gemeinde zogen, vieles verwüsteten und als prominentestes Opfer die schwer beschädigte Beton-Oma unter dem Schild am Ortseingang zurückließen. Und es war nicht das erste Mal, dass Oma Elfriede Gewalt angetan wurde. Bereits im Jahr 2015 hatte sie Trümmerbruchstellen am Körper und wurde ebenfalls von Bärbel Kolberg aufwendig repariert. Wie bereits damals packte der Eberstedter Bürgermeister auch diesmal wieder die gut drei Zentner schwere Figur in sein Auto und transportierte sie die rund 450 Kilometer von Thüringen nach Osterath.
„Wir stellten fest, dass die Figur komplett durchfeuchtet war und noch mehr Gewicht hatte“, erzählt Bärbel Kolberg. Also musste Elfriede erst trockengelegt werden: „Sie wurde dafür angebohrt, und dann wurde mit einem Schlauch das Wasser abgelassen.“ Um das Wasser nicht in den Schoß der Figur laufen zu lassen, wurde dort ein dicker Putzlappen deponiert.
Die kleine Enkelin der Künstlerin machte das Prozedere übrigens traurig: „Die Oma hat Aua und viel geweint“, meint sie. So langsam aber werden die Wunden ausgebessert, die defekten Stellen im Gesicht repariert, Nase, Oberlippe und Haare wieder aufgebaut und alles neu bemalt: „Oma Elfriede hat sich auch neue Zähne ausgesucht. Aber es dauert noch einige Wochen, bis die Kur beendet ist.“
In Kolbergs Werkstatt
hält sich ein buntes Völkchen auf
Langweilig wird es Elfriede im Osterather Atelier bis dahin sicher nicht. Verbrachte sie ihre erste Kur vor fünf Jahren noch in Gesellschaft von Elvis Presley, so kann sie jetzt auf geistlichen Beistand hoffen. Denn in unmittelbarer Nähe steht neben einer genüsslich mit der Katze schmusenden Marktfrau auch Don Camillo. „Er wurde vom Fußballverein SUS 1920 Bad Westernkotten bestellt und passt jetzt hier auf, dass Oma Elfriede nicht nochmal geschlagen wird“, erzählt Bärbel Kolberg lachend.
In ihrer Werkstatt hält sich ein buntes Völkchen auf – lebensechte Figuren, bis ins kleinste Detail: „Wer sie sieht, muss oft zweimal hinschauen, um festzustellen, dass es Kunst aus Beton und kein Lebewesen ist.“ Geliebt werden sie überall und deshalb war in Eberstedt nicht nur das Entsetzen nach der Zerstörung groß – die Anteilnahme an Elfriedes Schicksal zeigt sich durch eine große Spendenbereitschaft. „Sogar aus der Kreisstadt haben sich Menschen gemeldet. Die Gemeindekasse bleibt auf jeden Fall unberührt“, betont Bürgermeister Hans-Otto Sulze. Die genauen Kosten für die Reparatur stehen noch nicht fest, sie werden aber wohl auf jeden Fall im vierstelligen Bereich liegen. Trotzdem wird in Eberstedt gefeiert, wenn Oma Elfriede endlich wieder auf ihrer Bank am Ortseingang sitzt.