Kommunalwahl 2020 in Meerbusch PR-Experte will Stadtoberhaupt werden

Marcel Winter (37) tritt an, um 2020 als parteiloser Kandidat Bürgermeister zu werden.

Marcel Winter will für das Amt des Bürgermeisters kandidieren.

Foto: MW

Behäbigkeit hat sich in Teilen der Meerbuscher Politik breit gemacht, kritisiert Marcel Winter. Das will der 37-jährige Politikwissenschaftler ändern und im Herbst 2020 als parteiloser Kandidat Bürgermeister der Stadt Meerbusch werden – „auf dem Ticket der Grünen“.

Marcel Winter (2.v.l.) mit Jürgen Peters (Fraktionsvorsitzender Grüne), Monika Driesel (stv. Vorsitzende) und Joris Mocka (Parteivorsitzender).

Foto: Verena Bretz

In einer Stadt wie Meerbusch, die stetig wächst und sich in den vergangenen Jahren „komplett verändert“ hat, müsse sich auch die Politik ändern, fordert er. „Ich möchte die nötigen Denkanstöße dafür geben und antreiben, auch mal über den Tellerrand zu schauen.“

Bündnis 90/Die Grünen Meerbusch unterstützen Marcel Winters Kandidatur und stellten ihn nun erstmals öffentlich vor. Dabei betonte Winter ausdrücklich: „Ich trete nicht als grüner Bürgermeisterkandidat an.“ Parteivorsitzender Joris Mocka sagt dazu: „Wir haben lange überlegt und diskutiert, ob wir einen eigenen Kandidaten benennen oder einen freien unterstützen wollen.“ Mit einem völlig parteilosen Kandidaten wie Marcel Winter versprechen sich die Meerbuscher Grünen jedoch mehr Chancen, „weil wir ein breiteres Spektrum ansprechen“, so Mocka.

Jürgen Peters, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Grüne, ergänzt: „Ein Bürgermeisterkandidat muss nicht zwingend ein Grüner sein, sondern einer, der fairer und bürgernäher ist, um auch Stimmen aus anderen Lagern zu ziehen.“ Seine Stellvertreterin Monika Driesel sieht das ähnlich: „Es herrscht eine Umbruchstimmung bei vielen Meerbuscher Bürgern. Die Chancen für einen parteilosen Kandidaten, der losgelöst von politischer Ideologie ist und offen für Diskussionen, sind gut.“ Außerdem: Warum sollte jede Partei einen eigenen Kandidaten aufstellen? „Ein Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin wird schließlich als Person gewählt“, betont Marcel Winter. „Werte und Themen entscheiden, nicht die Parteizugehörigkeit.“ Weil es bei der nächsten Wahl keine Stichwahl mehr gibt, heißt das: Der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt.

Geschichte und Politikwissenschaft studiert

Wer ist nun der Mann, der 2020 an die Spitze der Meerbuscher Verwaltung will? Marcel Winter wurde 1982 in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Nach seinem Fachabitur in Wiesbaden studierte er an der Uni Duisburg Politikwissenschaft, Geschichte und Öffentliches Recht und arbeitete dort nach seinem Abschluss weiter als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Im Anschluss war er drei Jahre als PR-Berater tätig, seit 2017 ist er Pressesprecher bei der Deutschen Bahn.

Mit seiner Frau und den beiden Söhnen (10 und 7 Jahre alt) lebt Winter seit zwölf Jahren in Nierst. „Ich spiele beim FC Adler Nierst Fußball, bin dort im Vorstand und natürlich auch im Karneval dabei“, erzählt er. Und seine Frau Sarah, die er im Studium kennen gelernt hat, ist in der Meerbuscher Politik keine Unbekannte: Sie war Ratsmitglied und im Vorstand der Grünen, ist aber mittlerweile nicht mehr in der Partei aktiv. Über sie kam aber der Kontakt zu den Meerbuscher Grünen zustande: „Ich war bei einigen Veranstaltungen als Anhängsel meiner Frau dabei“, sagt Winter und lacht. Außerdem habe er dort mehrfach Vorträge gehalten, etwa zum Thema Rechtsextremismus. Im Sommer 2018 habe Jürgen Peters ihn dann gefragt, ob er sich vorstellen könne, als Bürgermeisterkandidat – unterstützt von den Grünen – ins Rennen zu gehen. „Ich habe einige Tage überlegt und mir ausgerechnet, wie meine Chancen stehen“, erzählt Winter, der seine Diplomarbeit zum Thema „Landtagswahlkampf der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern“ geschrieben hat. Aber dann habe er ziemlich schnell gesagt: „Ich mache das!“ Winter: „Ich weiß, worauf ich mich einlasse und ich freue mich. Es wird schwer, aber es ist realistisch, dass ich das Vertrauen der Meerbuscher gewinnen kann.“

Erfahrung im politischen Tagesgeschäft hat er genug: Als Politikberater coachte er in der Vergangenheit auch Bürgermeister. „Aber jetzt habe ich genug von außen kommentiert, nun geht es mittenrein. Ich weiß um die Verantwortung, und ich weiß, was die Kandidatur für mein Privatleben bedeutet.“ Glücklicherweise würden seine Frau und die Söhne ihn unterstützen.

Marcel Winter wird von einem achtköpfigen Wahlkampfteam mit Social Media Experten unterstützt und hat klare Vorstellungen vom Job des Bürgermeisters. „Angelika Mielke-Westerlage verdient Anerkennung und Respekt. Aber jeder hat seinen eigenen Führungsstil“, betont er. „Ich möchte stärker zwischen den Fraktionen moderieren und alle gleich behandeln.“ Anfragen und Anträge der Fraktionen müssten seitens der Verwaltung zügiger bearbeitet werden, damit die Politiker besser entscheiden könnten. Zudem sollten die Bürger stärker eingebunden werden. Nur mit Transparenz könne die Politik das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen, bislang würden etwa Bürger­anträge eher stiefmütterlich behandelt. Ein Riesenthema in Meerbusch sei neben der Mobilität und der Wohnraumentwicklung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Winter: „Was aktuell in Sachen Kinderbetreuung passiert, ist Flickschusterei.“ Über allen Überlegungen stehe für ihn die Frage: „Wie wollen wir künftig in Meerbusch leben?“ Um das zu erfahren, will der Kandidat nach den Ferien „von Haustür zu Haustür gehen“, um einen Eindruck davon zu bekommen, was die Meerbuscher bewegt.

Die Grünen, die bei der vergangenen Bürgermeisterwahl 2014 noch zugunsten von Angelika Mielke-Westerlage auf einen eigenen Kandidaten verzichtet hatten, hätten nun gehofft, dass auch andere Parteien Winters Kandidatur mit unterstützen. „SPD und FDP werden wohl nicht folgen“, so Peters. Möglicherweise die UWG sowie Piraten-/Die Linke. Klaus Rettig, FDP-Fraktionsvorsitzender, sagt: „Es gab dazu Gespräche mit allen Fraktionen außer der CDU. Es gab mehrere Bewerber, einer von ihnen Marcel Winter, der sicherlich entsprechende Qualitäten besitzt. Letztlich konnten wir uns aus unterschiedlichsten Gründen auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen.“ Zu den FDP-Plänen könne er erst nach entsprechenden Beratungen im Ortsverband etwas sagen.

Die SPD hat sich bislang noch nicht zum Thema geäußert. CDU-Fraktionschef Werner Damblon stellt in Sachen Bürgermeister klar: „Selbstverständlich werden wir zum geeigneten Zeitpunkt einen eigenen Kandidaten oder eine Kandidatin benennen.“ Wann dieser Zeitpunkt wäre? Damblon: „Etwa ein Jahr vor der Wahl 2020.“