Die erste Sommerpause in Ihrer Amtszeit. Was ist die wichtigste Erfahrung, die Sie aus dieser Zeit mitnehmen?
NRW „Wir müssen gemeinsam anpacken“
Meerbusch steht vor großen Umbauten. Wie die Stadt sie bewältigen kann, erklärt der Bürgermeister.
Christian Bommers: Das Amt des Bürgermeisters ist die erwartet große Herausforderung. Die Aufgabenfelder sind vielfältig und verlangen immer neu schnelle Einarbeitung. Die Zeit seit Amtsantritt im November ist wie im Flug vergangen. Der politische Diskurs ist gut angelaufen und geht jetzt gottseidank wieder in Präsenzsitzungen weiter. Trotz Corona gab es jetzt auch die ersten persönlichen Begegnungen mit Bürgerinnen und Bürgern, was mir sehr wichtig war. Die Pandemie – davon müssen wir ausgehen – wird uns weiter begleiten. Dennoch denke ich, wir müssen jetzt positiv nach vorn schauen und die Aufgaben gemeinsam anpacken.
Was konnten Sie erreichen, was nicht?
Bommers: Ein gutes Miteinander durch konstante Kommunikation und Kooperation im Verwaltungsvorstand ist wichtig, wenn wir die großen anstehenden Aufgaben schultern wollen. Dazu gehört an erster Stelle der Schulausbau. Innerhalb kurzer Zeit müssen wir viele zusätzliche Plätze und Räume schaffen: Bis 2025 benötigen wir allein für den Offenen Ganztag zu den bisherigen 1190 Plätzen 600 mehr. Das ist ein gewaltiger Sprung. In der Schulentwicklungsplanung sind wir gut gestartet und müssen jetzt eng am Ball bleiben. Sehr gefreut hat mich, dass wir durch die schnelle Reaktion unserer Immobilienabteilung die Fördermittel für die Ausrüstung unserer Schulen mit Raumfilteranlagen für Meerbusch sichern konnten. Wir alle wissen, wie turbulent es derzeit – auch coronabedingt – in der Bauwirtschaft zugeht: Insgesamt sind rund 160 Klassen- und Kitaräume mit dezentralen Lüftungsgeräten auszustatten, jeder Raum verlangt eine individuelle Planung. Bis Ende der Sommerferien soll die Ausschreibung abgeschlossen sein. Aufgrund der Größe des Vorhabens kann es sein, das wir mehrere Firmen beauftragen müssen.
Wie lange wird es dauern, bis die Filter in den
Klassenräumen eingebaut sind?
Bommers: Realistisch müssen wir davon ausgehen, dass wir mit dem Einbau der Technik frühestens Anfang 2022 rechnen können – wenn es keine Lieferschwierigkeiten gibt. Unsere Planungen reichen jedenfalls weit bis in die zweite Hälfte des kommenden Jahres hinein.
Was hat sich innerhalb der Verwaltung getan?
Bommers: Corona hat – bei aller damit einhergehenden Belastung – auch mein Bestreben beschleunigt, die Verwaltung modern aufzustellen. So haben wir unter anderem unser Home-Office-Angebot für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich ausbauen können. Um attraktiv am Arbeitsmarkt wahrgenommen zu werden, sollen Mitarbeiter auch nach der Pandemie dies flexibler als bisher nutzen können. Wichtig war mir, die Verwaltung trotz Corona handlungs- und leistungsfähig zu halten. Das ist gelungen. Natürlich konnten wir durch die Kontaktbeschränkungen nicht in allen Bereichen den gewohnten Service bieten, insbesondere in unseren Bürgerbüros gab es nach der Wiederöffnung – wie in den meisten anderen Kommunen auch – Wartezeiten und Geduldsproben. Aber die Mitarbeiterschaft war jederzeit für unsere Bürgerinnen und Bürger da. So hatten die meisten Kunden auch Verständnis für die Ausnahmesituation, die wir gemeinsam durchleben mussten.
Welche Wünsche blieben
bislang offen?
Bommers: Bei Dienstantritt im November hatte ich mir zum Ziel gesetzt, möglichst schnell das Gros der Mitarbeiter an ihren Arbeitsstandorten im Stadtgebiet kennenzulernen. Die Pandemie ließ viele der erhofften zwischenmenschlichen Begegnungen nicht zu. Das werde ich nun schnellstmöglich nachholen.
Wie entwickelt sich Ihre Bürgersprechstunde? Müssen Sie dabei viele Bürger enttäuschen?
Bommers: Meine Bürgersprechstunde hat sich gut entwickelt, das Interesse ist groß. Bis Mitte September sind alle Termine ausgebucht. Ich durfte überwiegend angenehme Gespräche führen. Konstruktive Vorschläge konnten wir schnell umsetzen. Klar ist aber auch, dass wir als Stadt nicht alle individuellen Ansprüche erfüllen können. Das zu erwarten wäre vermessen. Nichts desto trotz möchte ich die Menschen ermutigen, sich weiter mit ihren Anliegen zu melden. Wir sehen dann, was machbar und vertretbar ist.
Die Stadt hat viele große Baustellen: Knotenpunkt Haus Meer, neues Wohngebiet am Kamper Weg, Interkommunales Gewerbegebiet, ein gigantischer Schulentwicklungsplan, Mobilitätskonzept, IHKO. Umbau so weit das Auge reicht: Ist das Planungsamt einer mittleren Stadt damit nicht überfordert?
Bommers: Natürlich bringen die aktuellen Herausforderungen auch die Stadtverwaltung zunehmend an ihre Grenzen – personell wie finanziell. Hinzu kommt, dass wir auf viele Aufgaben und Probleme, die von außen auf die Stadt zukommen, wenig Einfluss haben. Nichts desto trotz stelle ich fest, dass alle mit ganzer Kraft ans Werk gehen und ihr Bestes geben. Dass wir uns bei der Bearbeitung der zahlreichen Baustellen auch externer fachlicher Unterstützung bedienen müssen, ist ganz normal. Außerdem sind wir gezwungen, die Liste der Aufgaben und Projekte konsequent zu priorisieren – wenn nötig, sogar auf Dinge zu verzichten. Klar muss auch sein, dass manches einfach länger dauert als gewünscht.
Was könnte das
ganz konkret sein?
Bommers: Da möchte ich der Politik nicht vorgreifen und kann deshalb nichts Konkretes nennen. Ich habe aber eine sechsseitige Liste mit Investitionen bis 2030. Da muss man schauen: Was ist zwar „nice to have“, aber nicht so wichtig?
Schule in der Pandemie bietet Konfliktstoff. Wie erleben Sie das in Ihrer Doppelrolle als Vater und Bürgermeister?
Bommers: Der ungewohnte Distanzunterricht war auch für das Miteinander in meiner Familie eine echte Herausforderung. Wir alle haben die Situation auf Dauer als belastend und anstrengend empfunden. Da geht es einem Bürgermeister nicht anders als allen anderen Familienvätern auch. Auf die Zwänge, die eine Pandemie uns aufbürdet, habe ich natürlich auch als Chef der Stadtverwaltung keinen Einfluss. Über unser Schulamt hatten wir während der Pandemie stets engen, vertrauensvollen Kontakt mit den Schulen. Das war mir sehr wichtig. Jetzt dürfen wir gemeinsam hoffen, dass wir nach den Sommerferien wieder ein normaleres und für alle entspannteres Schulleben beginnen können.
Sie fahren seit Jahren mit der Familie mit dem Wohnwagen in den Urlaub. Haben Sie einen Tipp für Meerbuscher, die das zum ersten Mal machen?
Bommers: Ja. Wenn wir ferne Ziele anstreben, dann nehmen wir uns Zeit für schöne Zwischenstopps. Es gibt beispielsweise Bauernhöfe, bei denen man seinen Wohnwagen abstellen kann. Da kann man im Hofladen einkaufen, vielleicht eine Weinprobe machen, hat interessante Begegnungen und lernt schöne Ecken kennen, die einem sonst verborgen geblieben wären. Das kann ich nur empfehlen.