Energiewende in Meerbusch Ein Rundgang auf der Konverter-Baustelle

Osterath · Seit knapp einem Jahr laufen die Bauarbeiten, inzwischen lassen sich die Dimensionen des Großprojekts abschätzen.

Knapp ein Jahr nach Grundsteinlegung wachsen auf der Konverter-Baustelle die Hallen in die Höhe.

Foto: RP/Dominik Schneider

Für das ungeübte Auge sieht es aus, als würde auf den Feldern südlich eine kleine Stadt aus dem Boden gestampft. Doch Menschen wird es hier in Zukunft nicht geben – wohl aber riesige Maschinen, die einen Beitrag zur Energiewende in Deutschland leisten. Wo vor einem Jahr noch Acker war, zieht Siemens gerade im Auftrag des Versorgungsnetzbetreibers Amprion die Konverteranlage in die Höhe – ein Großprojekt, dessen Dimensionen man inzwischen gut erahnen kann. „Wir hatten hier sechs Monate fast nur schlechtes Wetter, aber der Bau schreitet trotzdem voran“, sagt Bauleiterin Birgit Arendt von Siemens Energy. Der Zeitplan steht, die Anlage soll 2026 oder 2027 ans Netz gehen.

Die Aufgabe des Konverters ist die einer Mittelstation auf der Stromtrasse, die künftig die Leitungen A-Nord und Ultranet verbinden und so den aus Windenergie erzeugten Strom von der Nordseeküste zur Industrie in Baden-Württemberg bringen wird. Dabei wird an dieser Stelle aus dem Gleichstromnetz auch Wechselstrom umgewandelt und für die Haushalte und Betriebe im Rheinland abgeführt. Somit stellt der Konverter einen wichtigen Baustein im Bemühen dar, Deutschland langfristig mit nachhaltiger Energie zu versorgen. An der Tatsache, dass diese Einrichtung in Meerbusch entstehen soll, hatte sich seit Bekanntwerden der Pläne jedoch Kritik entzündet. Der ursprüngliche Standort wurde als zu nah an der Siedlung, der Bau als zu massiv und störend in der Landschaft bewertet. Auf den Druck der Bevölkerung und auch der Meerbuscher Politik und Stadtspitze hin hat Amprion sein Konzept überarbeitet – so wird es am Konverter eine umfangreiche Begrünung geben, außerdem wurde die Anlage weiter weg von den Wohnhäusern gerückt. Das weltweit Einzigartige dieser Anlage besteht darin, dass sie den Strom in beide Richtungen – also Gleich- zu Wechselstrom und umgekehrt – umwandeln wird.

Bereits seit Ende des vergangenen Jahres werden im Außenbereich der 13 Hektar großen Anlage Bäume gepflanzt, ebenfalls mit Pflanzen bestückte Erdwälle sollen aus dem für den Konverterbau abgetragenen Boden aufgeschüttet werden. „Der ursprüngliche Boden war hier sehr lehmig, er hätte das Gewicht der Hallen nicht getragen. Deswegen mussten wir ihn austauschen und werden den natürlichen Boden als Erdwall aufschütten, um dafür zu sorgen, dass sich der Konverter möglichst gut in die Landschaft einfügt“, sagt Paul Wirachowski, Leiter der Bautechnik. Zu diesem Konzept gehört außerdem ein 15 Meter hohes Rankgerüst, das sich aus Blickrichtung Osterath sowie zur Bahntrasse hin um die Anlage ziehen wird und dessen Grundpfeiler mit über 100 Pfählen bereits im Boden verankert sind.

Die eigentlichen Hallen des Konverters werden mit einer Maximalhöhe von 18 Metern nicht mehr zu weit über dieses Gerüst herausragen. Die noch im Rohbau befindlichen Hallen haben ihre Endhöhe bereits erreicht. Farblich gestaltet werden sollen diese Bauwerke aber nicht.

Aktuell sind täglich rund 80 bis 100 Arbeiter aus verschiedenen Gewerken auf den verschiedenen Teilen der Baustelle aktiv, diese Zahl schwankt jedoch je nach Stand der einzelnen Projekte. Wenn die Anlage fertig ist, werden vor Ort keine dauerhaften Mitarbeiter beschäftigt sein. Die zukünftigen Hallen wurden im Gleitbauverfahren errichtet. Dabei handelt es sich vereinfacht um eine Art Form, in die die Gebäudeteile gegossen werden – das spart Zeit. „Wir haben sechs Wochen für den Aufbau der Schalungen und eine Woche für das Gleiten gebraucht. Mit herkömmlicher Bauweise hätten die vier Hallen wohl drei Monate gebraucht“, sagt Arendt. Gerade beim engen Terminplan, bei dem die verschiedenen Gewerke aufeinander abgestimmt werden müssen, ist diese Ersparnis wichtig.

In die noch halb offenen Trafohallen führen bereits Schienen, über die zwölf Tonnen schweren Anlagen hineingefahren werden. Ein weiterer Trafo wird als Ersatz auf dem Gelände aufbewahrt. „Die Trafos kommen Ende des Jahres, sie werden nachts per Schwertransporter angefahren“ kündigt Joelle Bouillon an, Pressesprecherin des zukünftigen Konverter-Betreibers Amprion. Erst danach werden die Hallen zugebaut.

Ebenfalls fertig sind die drei Sickerbecken, denn die Anlage wird nicht an das Meerbuscher Kanalnetz angeschlossen. Unterirdische Rohrsysteme leiten etwa Regenwasser in die Becken. Dort sind die Ausgänge der Rohre über eine Schwelle vom Rest der Fläche getrennt, so, dass Sedimente oder anderer Schmutz nicht ins Hauptbecken gelangen können.

Die Bauleitung ist auf dem Areal mit Geländebuggys unterwegs, um zu Fuß zu gehen sind die Wege zu lang, für das Fahrrad sind viele Strecken noch zu uneben. Doch zwischen den in die Höhe wachsenden Hallen, beeindruckenden Stahlkonstruktionen, riesigen Bodenplatten und dem sich nach und nach entwickelnden Grünkonzept lässt sich langsam erahnen, was für eine gewaltige Anlage bei Osterath entstehen wird. Bis diese fertiggestellt ist und den Betrieb aufnimmt, wird es aber noch einige Jahre dauern.