Gesundheit in Meerbusch Familie hofft auf einen Assistenzhund für Tochter Frieda
Strümp · Die Tochter von Julia und Bastian Schweidtmann aus Strümp ist mit einem seltenen, unheilbaren Gendefekt geboren worden.
Dass mit ihrer Tochter etwas nicht in Ordnung ist, merkten Julia und Bastian Schweidtmann kurz nach der Geburt im Juni 2017: Sie war weniger aktiv als ihr Zwillingsbruder Piet, konnte die Körpertemperatur nicht halten, war sehr schläfrig und trank schlecht. Als Atemaussetzer hinzukamen, wurde nichts aus einer schnellen Entlassung, auf die die Eltern nach einer unproblematischen Schwangerschaft und Entbindung im Lukaskrankenhaus in Neuss in der 40 Schwangerschaftswoche gehofft hatten, da zuhause die fünfjährige Emma auf die Rückkehr ihrer Eltern und des neuen Geschwisterchen wartete. Ganz im Gegenteil: Frieda wurde auf die Kinderintensivstation verlegt, so dass Vater Bastian zuhause die Betreuung von Emma alleine übernehmen musste, während Mutter Julia und Piet mit Frieda in der Klinik blieben.
Was dann folgte, war eine Diagnosefindung, die, so Bastian Schweidtmann, der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen glich. „Die Mediziner im Lukas waren großartig, standen aber vor einem großen Rätsel, da die Symptomatik unspezifisch, selten und unpassend auf alle bisher bekannten Krankheitsbilder war,“ erinnert sich der 43-jährige.
Nach der vorsorglichen Absolvierung eines Reanimationskurses für Säuglinge und Kinder wurden die Schweidtmanns nach sechs Wochen entlassen. Im Gepäck: Ein Überwachungsmonitor zur Kontrolle der Sauerstoffsättigung in Friedas Blut und eine Überweisung an das Universitätsklinikum in Düsseldorf zur weiteren Diagnostik. Doch auch dort waren die Experten bald mit ihrem Latein am Ende. Die Vermutung eines genetischen Defekts lag auf der Hand, die Identifizierung gestaltete sich aber als schwierig, da immer nur auf einen konkreten Verdacht getestet werden kann und die Krankenkasse nur genau einen Gentest im Jahr zahlt, „da wären wir also, wenn Frieda in Rente geht noch nicht durch gewesen,“ so die Eltern resigniert.
Durch langwierige Recherche der Mutter, einen privaten Kontakt und mit viel Glück sowie Engagement des Neuro-Pädiatrischen-Zentrums (NPZ) am Rheinland Klinikum Neuss wird Frieda in eine Studie der Technischen Universität München inkludiert, die eine so genannte Triogenom-Sequenzierung ermöglicht – eine Untersuchung des kompletten Erbguts also. Dieses langwierige Verfahren, Frieda war inzwischen zwei Jahre alt, brachte schließlich die Erkenntnis: Das Mädchen ist am PURA-Syndrom erkrankt, einer sehr seltenen neurologischen Entwicklungsstörung. Sie wird zeitlebens pflegebedürftig sein, nicht sprechen können und die Bewegungsoptionen sind wegen einer ausgeprägten Muskelhypotonie sehr eingeschränkt.
Für die Eltern kam mit der Diagnose dennoch eine große Erleichterung: „Zum einen wussten wir endlich, was Frieda hat und können seither Therapien im Rahmen des Möglichen noch besser auf sie abstimmen. Zum anderen liegt bei ihr eine spontane Mutation vor, so dass ihr Zwillingsbruder und die Schwester diesen Defekt nicht in sich tragen,“ erklärt Julia Schweidtmann, die als „Mentorin für weibliche Potentialentfaltung“ Mütter coacht, mit ihren und den Emotionen ihrer Kinder besser umgehen zu lernen.
Inzwischen besucht Frieda gemeinsam mit ihrem Bruder Piet einen integrativen Waldorf-Kindergarten. Die Frühförderung, Physio- und Ergotherapie findet seitdem überwiegend in der Einrichtung statt – eine große Entlastung für die Familie, die sonst an fünf Tagen in der Woche zu Arzt- und Therapieterminen unterwegs war.
Über einen Kontakt und Besuch im WZ Hundezentrum in Rostock, den sie auf der Messe Rehacare in Düsseldorf geknüpft hatte, reifte der Wunsch der Familie für Frieda einen Assistenzhund anzuschaffen. „Sie ist extrem geräuschempfindlich und schreckhaft, braucht viel Schutz und Nähe,“ erklären die Eltern ihre Intention. Schon beim Aufschütteln eines Müllbeutels oder dem Gebrauch des Wasserkochers fängt ihre Tochter, die heute fünf Jahre alt, allerdings auf dem Entwicklungsstand einer Einjährigen ist, laut und ausdauernd an zu schreien und kann sich kaum beruhigen. Sitzt sie aber auf dem Schoß eines Elternteils oder singen ihre Geschwister mit ihr, fühlt sie sich sicherer und reagiert weniger heftig.
Gut zu verstehen also, dass ein großer, felliger, warmer und weicher Hund hier für das Mädchen einen echten Gewinn bedeuten würde. Zudem könnte er ihre motorische Entwicklung begünstigen, da sie sich an ihm festhalten und aufrichten könnte. Einzig: Die Ausbildung eines Assistenzhundes, der genau auf Friedas Bedürfnisse angepasst wäre, ist sehr kostspielig: „Futter und Haltungskosten, Tierarzt und natürlich die Arbeit an sich – da kommen rund 35 000 Euro zusammen,“ rechnet Bastian vor. Einen Betrag, den die Familie, die für Umbauten am Haus, Anschaffung eines neuen Autos und diverse Hilfsmittel schon sehr viel Geld investieren musste, nun über den Verein Servicehundzentrum mithilfe von Spendengeldern zusammenbekommen möchte.
„Nicht nur für Frieda wäre ein Hund ein Segen, sondern für uns alle,“ bringt die 33-jährige Mutter ihren großen Wunsch auf den Punkt, „von dem emotionalen Ausgleich, der mit einem gut ausgebildeten Tier im Haushalt einhergeht, könnten auch Emma und Piet und wir als Eltern sehr
profitieren.“