Meerbusch: Kneipe statt Fraktionsbüro

Vor 25 Jahren haben sich die Grünen in Meerbusch gegründet und zogen auf Anhieb in den Rat ein.

Meerbusch. Am 31. Juli 1984 gründete sich in der Gaststätte Zur Alten Post in Büderich der Ortsverband der Grünen in Meerbusch. Manfred Wuttke, damals Vertreter des Kreisverbandes in Neuss, war als Ratgeber vor Ort.

Mindestens sieben Mitglieder waren notwendig, um die Geburtsstunde der Meerbuscher Grünen einzuläuten, und die waren unter Versammlungsleiterin Gabriela Krall schnell gefunden. Eine Satzung wurde verabschiedet, eine offene Liste für die im Oktober bevorstehende Kommunalwahl (inklusive des bei den Grünen üblichen parteiinternen Rotationsverfahrens) aufgestellt.

"Es war unglaublich. Auf Anhieb erzielten wir bei der Kommunalwahl ein zweistelliges Ergebnis, obwohl kein Mensch die Kandidaten überhaupt kannte", blickt Ralf van Vorst zurück. Der heute 57-Jährige war 1982 bei den Grünen in Düsseldorf eingetreten, zog drei Jahre später nach Meerbusch und unterschrieb auch dort die Beitrittserklärung zur alternativen Partei.

Warum sich der Ortsverband gegründet hatte? "Zwei Jahrzehnte Alleinregierung der CDU! Ökologische Themen haben quasi nicht stattgefunden, das hat sich einfach aufgedrängt."

Die Anfangsjahre waren dem Klischee entsprechend etwas chaotisch: "Die Meerbuscher Grünen hatten sofort fünf Ratsmitglieder, aber mindestens ein Jahr lang kein Büro. Parteiversammlungen wurden in Kneipen abgehalten, wobei Zweidrittel der Teilnehmer dauernd auf der Straße stand, um zu rauchen.

Das Rauchverbot war eine grüne Grundsatzentscheidung, obwohl Rauchen in den Kneipen damals natürlich erlaubt war." Eine Grundsatzentscheidung war auch das Prinzip der Offenen Liste: Kein Grüner muss Mitglied der Partei sein. Winfried Schmitz-Linkweiler, Grüner der ersten Stunde, zwischenzeitlich Fraktionsvorsitzender und seit 25Jahren ununterbrochen Mitglied des Kulturausschusses, ist es bis heute nicht.

Ökologische, aber auch kulturelle Themen beherrschten anfangs die grüne Kommunalpolitik. "Die meisten Aktiven waren zu diesem Zeitpunkt auch in der Friedenspolitik aktiv. Ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich könnte wetten, dass wir damals auch einen Antrag auf eine atomwaffenfreie Zone in Meerbusch gestellt haben", scherzt van Vorst, der von 1987 bis 1990 Parteivorsitzender war und von 1989 bis 1994 im Rat saß.

Dass sich seine Schwerpunkte danach verschoben haben, habe vor allem mit seiner Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter zu tun: Der Kaufmann ist Betriebsratsvorsitzender in einer großen Versicherung.

Eine Rolle habe aber auch der unbefriedigende Verlauf der Ampel-Koalition in Meerbusch nach 1989 gespielt. "Es war aufreibend, mit den anderen Parteien Kompromisse auszuloten. Insbesondere auf die SPD war damals nicht immer Verlass. Nach zwei Jahren ging die Koalition sukzessive in die Brüche und wir haben eigentlich nur noch konstruktive Oppositionsarbeit geleistet", erzählt van Vorst.

Dennoch habe man einiges mit auf den Weg gebracht. Die Gründung der Gesamtschule und die Einrichtung eines Umweltamtes fallen dem damaligen Vorsitzenden des Umweltausschusses spontan ein. Anderes misslang hingegen: "Ich glaube, wir haben im Umweltausschuss vier Versuche gestartet, eine Baumschutzsatzung durchzubekommen. Immer hat mindestens eine Stimme gefehlt."

Ob als Opposition oder "am Hebel der Macht" - eines sei für die Grünen lange Zeit tägliches Brot gewesen: "Man hat uns nicht ernst genommen und wir wurden bisweilen richtig zusammengefaltet.

In den politischen Ausschüssen wurden Argumente ignoriert, Debatten einfach beendet oder man ist gar nicht erst zu Wort gekommen - stets begleitet von einem süffisanten Grinsen aus Reihen der etablierten Parteien", erinnert sich van Vorst.

Auch aus diesem Grund kann er sich ein schwarz-grünes Bündnis, wie es sich in Meerbusch gerade anbahnt, heute noch schwer vorstellen. Es versteht sich von selbst, "dass derartige Überlegungen vor 25 Jahren absolut tabu waren".

Alles in allem sei Meerbusch dennoch ein politisch dankbares Terrain gewesen. "Grabenkämpfe, wie ich sie aus Düsseldorf zwischen Fundis und Realos nur zu gut kannte, gab es bei uns so gut wie nie", erinnert sich der Ilvericher.