Brauchtum in Meerbusch Ende einer Ära: St.-Martin-Darsteller beendet Karriere

Meerbusch · Jakob Brocker will nach seiner aktiven Zeit als St. Martin den Zug im kommenden Jahr mit seinem ersten Enkel genießen und sich das Brauchtumsspektakel aus einer ganz anderen Perspektive betrachten.

 Jakob Brocker ist bei 17 Martinszügen mit seinem Pferd als St. Martin durch die Straßen von Langst-Kierst geritten. Das historische Kostüm wurde 1922 von der Familie Wellen gestiftet. 

Foto: Dackweiler, Ulli (ud)

In diesem Jahr hat Jakob Brocker zum letzten Mal als St. Martin auf dem Pferd gesessen. Zum letzten Mal hat als heiliger Mann der Martinsszene am Feuer beigewohnt und den Kindern die Tüten überreicht. Der 62 Jahre alte Brocker wird nicht mehr mit rotem Mantel und goldenem Helm durch die Straßen von Langst-Kierst reiten und dem Bettler am Feuer einen Teil seines Mantels schenken. Mit dem vergangene Martinszug ist die Ära Jakob Brocker in Langst-Kierst Geschichte.

Nach 17 Jahren als St. Martin hat der erfahrene Reiter Brocker Abschied genommen von dem jährlichen Herbstbrauchtum. Seine dreizehn Mitstreiter im Martinskomitee sind ganz schön traurig, dass er nun die Aufgabe in jüngere Hände legen will. Ein wirklicher Nachfolger ist noch nicht gefunden, wobei es nur schwer möglich ist, „Köbi“ zu ersetzen. Mit Leib und Seele war er der heilige Mann. Alle Bilder, die Kinder extra für ihn gemalt haben, hat er aufbewahrt und sich über die Möhren für sein Pferd riesig gefreut. Denn Köbi ist ein erfahrener Reiter – er nahm an zahlreichen Sprinturnieren und Jagden teil und hatte sein Pferd immer unter Kontrolle. Das war auch für die Organisatoren in den vergangene 17 Jahren ein beruhigender Sicherheitsaspekt.

Brauchtumsmensch Brocker war mit Herzblut mit dem Ehrenamt verbunden. 1994 trat er dem Martinskomitee bei und übernahm nach Krankheit seines Vorgängers die Rolle als Bettler am Feuer. 2005 stieg Jakob Brocker, der in Langst-Kierst aufgewachsen ist und als Dorfkind von Kindesbeinen an mit dem Brauchtum verbunden ist, als Martin in den Sattel. Damit soll nun Schluss sein. Er freut sich, gemeinsam mit seinem ersten Enkelkind im kommenden Jahr den Zug und die Fackelausstellung aus einer anderen Perspektive beobachten zu können. Für seine drei Söhne hatte Brocker sich bei der Feuerszene immer einen Bart angeklebt, damit sie ihn nicht erkennen. Doch in der Grundschule entdeckte einer der Söhne seinen Papa unter der Maskerade.

Brocker war nicht nur Darsteller, er sammelte und packte Tüten

Nicht nur als Darsteller war Brocker aktiv. Er hat mit seinen Mitstreitern in den sieben Bezirken gesammelt und die Tüten gepackt, außerdem hat er den Text der Martinszsene am Feuer gemeinsam mit Komiteemitgliedern 2006 geschrieben. Heute wird die Szene sogar in Platt nachgespielt, nachdem Mundart-Papst Hans Toups diese 2010 ins Plattdeutsche übersetzt hat.

Auch wenn Jakob Brocker im kommenden Jahr nicht mehr als Martin durchs Dorf reiten wird, entsteht bestimmt keine Langeweile. Er ist bei der St. Martinus Schützenbruderschaft aktiv und wird als Opa eingespannt werden. Zuerst gibt es aber beim Gänseessen von seinen Mitstreitern ein großes Dankeschön für seinen langen Einsatz und natürlich auch ein Geschenk.