Stadt zahlt Gutachten in Mail-Affäre
Es gehe um die Verteidigung von Kompetenzen, verteidigt die Bürgermeisterin die Übernahme der Kosten.
In der sogenannten E-Mail-Affäre um diffamierende Nachrichten, die vom Computer eines Ratsmitglieds aus an ehemalige Fraktionskollegen verschickt wurden, wird die Stadt Meerbusch die Betroffenen durch Übernahme der Kosten für ein Schriftgutachten unterstützen. Da es im vorliegenden Fall um die Verteidigung von Organ-Kompetenzen und nicht nur um die Verfolgung subjektiver bürgerschaftlicher Rechte gehe, könne die Gemeinde die Kosten tragen, heißt es in einer von Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage unterzeichneten Vorlage zur nächsten Sitzung des Stadtrats.
Angelika Mielke-Westerlage Bürgermeisterin
Eine Möglichkeit der Stadt, als Nebenklägerin zum Schutz der Ratsmitglieder insgesamt auftreten zu können, sieht die Verwaltungschefin dagegen nicht. Ebenso wenig sei die Finanzierung einer Klage durch eine von der Stadt abgeschlossene Versicherung für ehrenamtliche Tätigkeit möglich, heißt es.
Zur Erinnerung: Über einen Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von CDU, Grünen, SPD, FDP und UWG hatte der Stadtrat in seiner letzten Sitzung vor Weihnachten die Verwaltung beauftragt, in der E-Mail-Affäre tätig zu werden. Die Stadt sollte prüfen, ob und wie sie die Betroffenen im laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren juristisch unterstützen und zur Klärung des Sachverhalts beitragen kann. Das Textgutachten, dessen Kosten die Stadt tragen will, soll der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden. Ratsmitgliedern, heißt es in der Informationsvorlage, stehe zwar nicht der Schutz der Indemnität oder Immunität zur Verfügung, sie genößen jedoch bei der Ausübung ihres Mandats gesetzlich besonderen Schutz.
Tatsache ist: Nach der Gemeindeordnung ist alles verboten, womit das Ziel verfolgt wird, einen Mandatsträger daran zu hindern, sein Mandat auszuüben. Ausdrücklich untersagt ist dabei auch eine Benachteiligungen am Arbeitsplatz. „Der Gesetzgeber wollte also solche Nachteile verhindern, die Ratsmitgliedern aus einer Mandatswahrnehmung bei ihren Arbeitgebern drohen könnten“, sagt die Bürgermeisterin. Dieses Behinderungsverbot sei vom Wortlaut auch so weit gefasst, dass es nicht nur vom Arbeitgeber selbst initiierte Behinderungen verbiete, sondern auch solche von Dritten, also zum Beispiel von anderen Ratsmitliedern. Abgesehen davon, erklärt Mielke-Westerlage, hätten Ratsmitglieder eine besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde. Das heiße: Sie müssen alles unterlassen, was dem Wohl der Gemeinde zuwiderläuft. Im vorliegenden Fall, sagt die Bürgermeisterin, stehe eine Verletzung von Mitgliedschaftsrechten im Raum, die die Funktionsfähigkeit des Rates gefährde.
Die gemeindeordnungsrechtlichen Pflichten wären dann verletzt, wenn nachgewiesen würde, dass der beschuldigte Ratsherr selbst diffamierende Mails verfasst und verschickt hat.
Ob dem so ist, wird noch ermittelt. Der Fall stellt sich wie folgt dar: Bis 2015 war besagter Ratsherr Teil der UWG-Fraktion. Nach seinem Austritt schloss er sich mit Einzelratsmitglied Wolfgang Müller zu einer Fraktionsgemeinschaft zusammen.
Ab Ende März 2016 erhielten die Arbeitgeber dreier ehemaliger Fraktionskollegen E-Mails, darunter auch UWG-Fraktionschefin Daniela Glasmacher. Unter anderem hieß es in den Nachrichten, die Kommunalpolitiker nutzten ihre Positionen im Rat für Entscheidungen gegen ihre Arbeitgeber aus. Die Betroffenen erstatten Strafanzeige.
Die Ermittlungen ergaben, dass die E-Mails vom Computer des ehemaligen Fraktionskollegen verschickt wurden. Der Beschuldigte streitet allerdings ab, der Verfasser zu sein. Sein Computer, sagt der Ratsherr, sei zur Tatzeit nicht passwortgeschützt und grundsätzlich weiteren Personen zugänglich gewesen.
Aus Mangel an eindeutigen Beweisen stellte die Staatsanwaltschaft ein erstes Ermittlungsverfahren ein. Allein aus der Anschlussinhaberschaft könne nicht mit der nötigen Sicherheit auf den Verfasser einzelner E-Mails geschlossen werden, hieß es. Zwei weitere Ermittlungsverfahren laufen.