Straßenschild verweist auf einen lange nicht mehr existierenden Staat

Der Hinweis, warum die Marienburger Straße so heißt, ist überholt. Ein Historiker empfiehlt eine Änderung. Die Stadt will dem nachgehen.

Im Vorbeifahren fällt es am Büdericher Ortseingang nicht unbedingt auf. Wenn Autofahrer jedoch an der zweiten Kreuzung der Neusser Straße vor der roten Ampel stehen, sorgt ein Blick nach rechts bei einigen von ihnen für Verwirrung. Dort beginnt die Marienburger Straße. Unter dem Straßenschild (Foto: Ulli Dackweiler) erklärt ein zusätzlicher Hinweis die Herkunft des Namens mit „Stadt in Westpreußen“. Eine wesentliche Information fehlt jedoch: Die Stadt trägt heute einen anderen Namen und den Staat gibt es seit etwa 70 Jahren nicht mehr.

Angesichts der langen Debatte um die Hindenburgstraße im vergangenen Jahr sehen viele Meerbuscher Politiker den Umgang der Verwaltung mit Straßennamen kritisch. Im Frühjahr 2014 entbrannte eine Diskussion darüber, ob der Name der Straße, die nach dem Reichspräsidenten der Weimarer Republik, Paul von Hindenburg, benannt ist, geändert werden sollte. Hintergrund der Debatte: Hindenburg spielte eine wesentliche Rolle bei der Ernennung von Adolf Hitlers zum Reichskanzler im Jahr 1933. Am Ende einigten sich die Politiker, den Namen zu erhalten und das Schild mit einer Zusatztafel zu versehen.

„Ich hatte jedoch erwartet, dass die Stadt nach dieser langen Diskussion ein Gespür für das Thema entwickelt hat“, sagt Christian Staudinger-Napp, Vorsitzender, der Fraktion „Die Aktiven“. „Die Verwaltung muss sich einfach mal gründlich in der Stadt umschauen und prüfen, ob es noch andere Straßennamen gibt, die wir so nicht stehenlassen können.“ Dass solche Hinweise dann aber höchstens aus der Bevölkerung kämen, sei „ärgerlich und peinlich“.

Auch aus Sicht eines Experten besteht Handlungsbedarf an der Marienburger Straße. „Natürlich handelt es sich hier nicht um einen hochsensiblen Fall wie bei der Hindenburgstraße“, sagt Henning Steinhöfel, Historiker am Lehrstuhl Neuere Geschichte der Universität Düsseldorf. „Trotzdem ist der Hinweis ,Stadt in Westpreußen’ unpräzise und irreführend.“

Mit Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945 verschwand der Staat Preußen von der Landkarte. Die Stadt Marienburg trägt heute den Namen Malbork und befindet sich auf polnischem Staatsgebiet. „Man darf sich bei so einem Hinweisschild nicht an alten Grenzziehungen orientieren“, sagt Steinhöfel. „Eine zusätzliche Erläuterung muss auch historisch korrekt sein.“ Deshalb schlägt der Historiker vor, ein neues Schild mit der Aufschrift „Stadt im ehemaligen Westpreußen/heutiges Polen“ anzubringen.

Die Meerbuscher Verwaltung gibt sich zurückhaltend und lässt weitere Schritte offen. „Das Problem ist nachvollziehbar“, sagt Björn Kerkmann, Referent der Bürgermeisterin. „Vielleicht muss das noch einmal in Abstimmung mit der Politik neu diskutiert werden.“ Deshalb nehme man diese Anregung gerne auf und werde der Sache nachgehen.