Streit ums Geld fürs politische Ehrenamt

Das Land NRW strebt höhere Aufwandsentschädigungen an. Der Meerbuscher Stadtrat ist dagegen. Und auch im Kreisausschuss wurde heftig debattiert.

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Ehrenamtler wie Ratsmitglieder, Fraktionsvorsitzende und stellvertretende Bürgermeister kosten die Stadt Geld. Wie viel genau, darüber musste der Stadtrat jetzt entscheiden, denn mit dem Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung hat sich in NRW Mitte November 2016 auch die Regelungen für die Aufwandsentschädigungen der Lokalpolitiker in Räten und Kreistagen geändert. Geht es nach dem Wunsch des Landes, sollen die in Zukunft — jedenfalls in herausgehobenen Positionen — höher entschädigt werden. Was die Landespolitik in der Absicht, mehr Menschen für politisches Engagement zu begeistern, beschlossen hat, wird in Meerbusch allerdings abgelehnt — und sorgt im Kreis sogar für Streit.

Konkret geht es dabei um die Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende. Der Gesetzgeber geht im Normalfall von einem erhöhten Aufwand für Ausschussvorsitzende aus, der eine Aufwandsentschädigung rechtfertigt. Allerdings können Kommunen unter Abwägung des Aufwands entscheiden, keine Zahlung vorzunehmen.

Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage hat dem Stadtrat jetzt einen Entwurf für eine Änderung der städtischen Hauptsatzung vorgelegt, die mehrheitlich — gegen die Stimmen der SPD — auch so beschlossen wurde. Danach sollen, bis auf den Hauptausschuss, den Wahl- und den Wahlprüfungsausschuss alle Ausschüsse der Stadt von der Neuregelung der Aufwandsentschädigung ausgenommen werden, ihre Vorsitzenden also nicht mehr Geld bekommen. Der Haupt-, der Wahl- und der Wahlprüfungsausschuss stehen deshalb nicht auf der Ausnahmeliste, weil sie von der hauptamtlichen Bürgermeisterin geleitet werden — womit eine zusätzliche Vergütung entfällt. Der angestrebte Effekt: Die Ausschussvorsitzenden bekommen in Meerbusch weiter nur die normale Aufwandsentschädigung (386,80 Euro pro Monat) für ihr Mandat und nicht zusätzlich weitere 386,80 Euro pro Person und Monat, wie es das neue Gesetz vorschreibt. Mehr Geld erhalten allerdings die Fraktionsvorsitzenden und ihre Stellvertreter.

Neben ihrer Aufwandsentschädigung als Ratsmitglied bekommen die Vorsitzenden künftig bereits bei Fraktionen mit acht Mitgliedern den dreifachen Satz, also 1160,40 Euro pro Monat, die Stellvertreter den 1,5-fachen Satz, also 580,20 Euro pro Monat. Bislang galt der einfache Satz. „Die Regelungen zu den erhöhten Aufwandsentschädigungen für Fraktionsvorsitzende und deren Stellvertreter sind verbindlich geregelt, da gibt es keinen Spielraum“, sagt Mielke-Westerlage. Für die Stadt bedeute die Änderung bei den Fraktionsvorsitzenden einen Mehraufwand von 18 600 Euro im Jahr. Würden dazu alle Ausschussvorsitzenden neben ihrer Entschädigung als Ratsmitglied eine Aufwandsentschädigung erhalten, entständen zusätzliche Mehrkosten von 32 491,12 Euro. Die meisten Kommunen im Rhein-Kreis, sagt die Bürgermeisterin, würden sich deshalb an der in Meerbusch vorgeschlagenen Regelung orientieren.

Der Rhein-Kreis selber will die für den Landschaftsverband getroffene Regelung übernehmen, wonach eine deutlich geringere Entschädigung für die Ausschussvorsitzenden pro Sitzung gezahlt wird. Denn: Auf rund 500 000 Euro kreisweit in allen betroffen Kommunen schätzt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke die Mehrbelastung für die öffentlichen Kassen. Dem Kreisausschuss hat er deshalb gleichfalls einen Entwurf für eine Änderung der Hauptsatzung des Kreises vorgelegt. Ausschussvorsitzende bekommen danach weiter nur die normale Aufwandsentschädigung (382,30 Euro pro Monat plus 19,60 Euro pro Sitzung) für ihr Mandat und nicht zusätzlich weitere 442,10 Euro pro Monat, wie es das neue Gesetz vorschreibt. Ersatzweise soll es für die Vorsitzenden im Rhein-Kreis 97,90 Euro pro Sitzung zusätzlich geben.

Im Kreisausschuss votierten CDU, FDP, UWG/Die Aktive und auch die Linke für den Vorschlag des Landrates. Grüne und SPD hingegen liefen dagegen Sturm. „Das ist Anarchie“, sagte Erhard Demmer, Fraktionschef der Grünen und pochte darauf, die Landesregelung umzusetzen. Der Landrat verdrehe Regelfall und Ausnahme. Zwar lasse das Gesetz Ausnahmen für einzelne, selten tagende Ausschüsse zu. Einfach alle Ausschüsse als Ausnahmefall zu deklarieren, sei jedoch unzulässig. „Das verstößt gegen jedes Verständnis von Demokratie“, so Demmer.

Landrat Petrauschke wehrte sich: „Wenn das so wäre, wären sechs Kommunen im Kreis anarchistisch und Dormagen zumindest zum Teil.“ Diese Städte und Gemeinden handelten ähnlich wie jetzt im Kreisausschuss vorgeschlagen. Nur die Stadt Neuss plane offenbar, so Petrauschke, die Landesregelung grundsätzlich umzusetzen. Petrauschke deutete an, dass er im Laufe des Jahres ohnehin mit einer Überprüfung der „Rechtsanwendung“ rechne. „Da wurde uns etwas Unfertiges auf den Tisch gelegt.“