AfD-Mann wechselt die Rats-Seiten
Dirk Aßmuth tritt aus und verstärkt künftig die FDP-Fraktion.
Neuss. Während die etablierten Parteien in ersten Gesprächen mögliche Mehrheiten im Stadtrat ausloten, sorgt Dirk Aßmuth für eine handfeste Überraschung — und für eine Verschiebung im neuen labilen Kraftgefüge des Rates.
Aßmuth, für die AfD angetreten, zählt zu den drei Stadtverordneten, die die Alternative für Deutschland nach ihrem 4,3 Prozent-Wahlerfolg stellt. Nach internen Querelen trat er nun allerdings aus der Partei aus. Sein Ratsmandat werde er als parteiloser Abgeordneter ausüben, teilte Aßmuth am Freitag dem Bürgermeister mit.
Zum Einzelkämpfer wird er deshalb allerdings nicht: Wie FDP-Vorsitzender Michael Fielenbach bestätigt, soll Aßmuth als „Hospitant“ in der FDP-Fraktion mitarbeiten. Deren Fraktionsstärke steigt somit von sechs auf sieben — und schon hätte die Neuauflage der CDU/FDP-Koalition exakt die Hälfte der Ratsmandate. Dazu die Stimme des CDU-Bürgermeisters ergäbe eine Mehrheit. Das mag aber derzeit niemand so festschreiben.
Dirk Aßmuth ist den Parteien gut bekannt. 17 Jahre lang war er SPD-Mitglied, vier Jahre bei der FDP. Er war an der Neugründung der Zentrumspartei beteiligt und gehörte der Partei ein Jahr lang an, jetzt trat er für die AfD an und hat sie nun unmittelbar nach der Wahl wieder verlassen. Die FDP ficht das nicht an. Michael Fielenbach betont, es habe keine Bedenken gegeben, Aßmuth als parteiloses Fraktionsmitglied aufzunehmen.
Die CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann wurde Freitagmittag während einer Autopanne von der Nachricht überrascht, äußerte sich zu der Personalie allerdings nicht. Sie lotet derzeit die Chancen für eine Koalition aus CDU, FDP und Grünen aus, mag aber noch nichts zu Erfolgsaussichten sagen. Zur Zusammenarbeit mit der AfD haben sich Partei- und Fraktionsvorstand eindeutig positioniert: Es wird sie nicht geben. Insgesamt sei die Lage „sehr schwierig“, sagt Koenemann, die sich am Montag zur Wiederwahl als Fraktionsvorsitzende stellt.
Als „sehr schwierig“ empfindet auch Michael Klinkicht, Fraktionschef der auch von der SPD umworbenen Grünen, die Gemengelage. Schon vor fünf Jahren gab es aussichtsreiche Gespräche für ein schwarz-grünes Bündnis, auch die Basis hatte zugestimmt. Jetzt hätte eine schwarz-grüne Kooperation ebenso viel Mandate wie eine schwarz-gelbe — eben die Hälfte der Ratssitze. Eine weitergehende Zusammenarbeit sei für ihn derzeit schwer vorstellbar, sagt Klinkicht: „Wir sind keine Mehrheitsbeschaffer.“
Reiner Breuer, SPD-Fraktionschef, hat den Traum von einer Mehrheit jenseits der CDU noch nicht aufgegeben. Man rede „sehr konstruktiv“ mit den Grünen und der FDP, nicht aber mit der AfD: „Das wird sich wohl von selbst lösen.“