Baby fast totgeschüttelt: Acht Jahre Haft für 23-Jährigen
Der Neusser zeigte sich von dem Urteil geschockt. Das Kind wird vermutlich bleibende Schäden davontragen.
Neuss. Mit einem harten Urteil ist am Düsseldorfer Landgericht der Prozess gegen einen jungen Intensivstraftäter aus Neuss zu Ende gegangen. Der 23-Jährige muss für acht Jahre wegen schwerer Körperverletzung ins Gefängnis. Der junge Mann hatte vor Gericht gestanden, das Baby seiner Freundin fast tot geschüttelt zu haben. „Sie bekommen acht Jahre Haft, das Kind vermutlich lebenslänglich“, sagte Richter Rainer Drees in seiner Urteilsbegründung. Der Vorsitzende der zuständigen Schwurgerichtskammer spielte damit darauf an, dass das Kleinkind vermutlich bleibende Schäden behalten werde.
Ein Sachverständiger hatte im Verfahren von geistigen und körperlichen Behinderungen gesprochen, die durch das intensive Schütteln des Angeklagten verursacht wurden. Richter Drees lag mit seinem Urteil deutlich über der Forderung von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Diese hatten jeweils sechs Jahre Haft gefordert, die Verteidigung um Rechtsanwalt Andreas Bonnen dreieinhalb Jahre. „Ich hatte diese Strafe für ausreichend gehalten, weil es nicht sicher ist, dass das Kind Behinderungen davon getragen hat“, so Bonnen, „wir gehen auf jeden Fall in Revision.“ Sein Mandant sei nach dem Urteil geschockt und entsetzt gewesen — genauso wie seine Angehörigen, die im Verhandlungssaal in Tränen ausbrachen.
Am Tattag war der 23-Jährige mit dem vier Monate alten Kind alleine in der Wohnung seiner Freundin in Reuschenberg gewesen. Offenbar weil das Kind dauerhaft schrie, verlor der Arbeitslose die Nerven und schüttelte das Baby intensiv, bis es Ruhe gab. Ein Kinderarzt stellte am selben Tag lebensbedrohliche Verletzungen fest, das Baby wurde umgehend in die Uniklinik Düsseldorf eingeliefert. „Für die Mutter ist das Urteil eine Genugtuung“, sagte Nebenklage-Anwalt Walter Dickmann, „sie hätte sich nie vorstellen können, dass ihr damaliger Freund zu so etwas fähig ist.“
Der junge Neusser gilt als Intensivstraftäter mit schwieriger Kindheit. „Er war in der Vergangenheit auch schon für zwei Jahre in Russland, um hier an einer Maßnahme des Jugendamtes teilzunehmen“, so Rechtsanwalt Andreas Bonnen, „dort sollte er wegen seiner vielen Straftaten resozialisiert werden.“ Für den Verteidiger war die Tat ein „unglückliches Augenblicksversagen“. Sein Mandant sei als „liebevoll“ im Umgang mit kleinen Kindern beschrieben worden, ein einziges Mal habe er die Nerven verloren. „Er würde am liebsten alles ungeschehen machen.“
Die bereits angekündigte Revision gegen das Urteil muss nun in den nächsten Monaten vom Bundesgerichtshof geprüft werden. Sollten die obersten Bundesrichter Rechtsfehler finden, müsste das Verfahren vor einer anderen Schwurgerichtskammer des Landgerichts neu aufgerollt werden. Sollte das Urteil dagegen rechtskräftig werden, müsste der Neusser endgültig für acht Jahre hinter Gitter. Er sitzt seit der Tat zu Jahresbeginn in Untersuchungshaft.