BGH-Urteil stützt Neusser Position
Stadt-Klage gegen die Deutsche Bank läuft am Landgericht Frankfurt
Neuss. Deutsche Bank muss Kunden entschädigen. Herbe Niederlage. Ein Urteil mit Signalwirkung. Die Nachrichtenagenturen berichteten am Dienstagmorgen ausführlich über das Urteil des Bundesgerichtshofs, das auch für Neuss die beschriebene Signalwirkung zeigen könnte.
Wie das hessische Hygienetechnik-Unternehmen, das jetzt vor dem höchsten Gericht Recht erhielt und mit einer halben Million Euro Schadenersatz rechnen kann, hat auch Neuss im Streit um riskante Zinswetten gegen die Deutsche Bank geklagt. Neuss ist nicht die einzige betroffene Kommune, auch nicht die einzige, die klagt. Besonders gute Chancen aber hat die Stadt wohl, weil sie noch gesondert mit der Deutschen Bank einen Beratervertrag abgeschlossen hat.
Bei dem Neusser Geschäft betreibt die Deutsche Bank mit den dafür eingesetzten Krediten über 90 Millionen Euro aus der Stadtentwässerung Wetten auf die Zinsentwicklung: Es geht um die Differenz bei lang- und kurzfristigen Krediten. Unerwartet waren die Zinsen für kurzfristige Kredite stärker gestiegen als die auf zehn Jahre angelegten, die Spannen verflachte sich bis auf Null. Es drohten Verluste in Millionenhöhe — in Neuss wie in vielen anderen Kommunen oder städtischen Gesellschaften.
In der Stadt summierte sich das zwischenzeitlich auf bis zu 15 Millionen Euro. Schließlich entschloss sich die Verwaltung, unterstützt durch den Rat, auf Schadenersatz zu klagen. Zuvor hatte die Kanzlei Baum, Reiter und Collegen die Neusser Position gestärkt. Die Deutsche Bank habe in Neuss „schuldhaft falsch beraten“, hatte Anwalt Julius Reiter (Foto) im Herbst 2007 erklärt. Nun läuft das Verfahren, einen mündlichen Termin am Landgericht Frankfurt hat es bereits gegeben.
Durch das BGH-Urteil und die Begründung kann sich die Stadt in ihrer Position bestätigt fühlen: Die Bank, so betonte der Vorsitzende Richter Ulrich Wiechers am Dienstag, hätte auf einen „schwerwiegenden Interessenkonflikt“ hinweisen müssen: Für die Bank sei das Geschäft nur profitabel, wenn die Wette zum Nachteil des Kunden ausgeht. Die Bank habe „die Risikostruktur des Geschäfts bewusst zulasten des Kunden und zu ihrem Vorteil gestaltet, um das Risiko gewinnbringend zu verkaufen“, so der Richter weiter.
In Neuss läuft das bis 2013 abgeschlossene Geschäft seit 2005. Seit einiger Zeit werden die bereits an die Bank gezahlten Millionen durch „Gewinne“ aus dem Wettgeschäft teilweise kompensiert. Bei etwa 6 Millionen Euro liegt derzeit der Verlust, und die Stadt klagt auf vollen Schadenersatz. Wie immer gibt es zu dem Verfahren von Kämmerer Frank Gensler keinen Kommentar. Dass man sich im Rathaus gefreut hat, ist anzunehmen.