Reichsbürger Briefkasten für „Deutsche Reichsdruckerei“ ist in Kaarst
An der Adresse von Kfz-Meister Peter Holzapfel sitzt laut Angaben im Internet die „Deutsche Reichsdruckerei“.
Kaarst. Wer das Deutsche Reich sucht, soll in einer Vorster Seitenstraße fündig werden. Dort haben das „Reichsamt“ und die „Reichsdruckerei“ ihren Sitz. So steht es im Internet. Doch vor Ort findet man dort keinen prunkvollen Regierungssitz, sondern eine alte Montagehalle, eine Autowerkstatt und ein Wohnhaus.
Das alles gehört Kfz-Meister Peter Holzapfel, in Kaarst bekannt durch Spendenaktionen für Afrika und die Entwicklung alternativer Automotoren. Doch gleichzeitig ist Holzapfel auch einer von knapp 2000 Reichsbürgern in NRW. „Ich bin nicht linientreu“, sagt er selbst.
Seinen Berufstitel habe ihm die BRD GmbH verliehen, der Staat sei nicht souverän, sondern eine Firma — eine bekannte Argumentation der Reichsbürger. Als Beispiel nennt der Kfz-Meister die Aufträge, die seine Werkstatt von der Stadt Kaarst erhält: „Die sprechen von Firmenwagen. Auch die Stadt Kaarst sieht sich als Firma.“ Nach einer ersten Prüfung hat die Stadtverwaltung allerdings gar keinen Hinweis darauf, dass ihre Autos überhaupt bei Holzapfel repariert werden. Sie will der Behauptung nachgehen.
Unstrittig ist aber, dass das Gelände der Werkstatt als Briefkasten für die „Deutsche Reichsdruckerei“ fungiert. Dort können Reichspersonenausweise, Reichs-Fahrerlaubnisse (für jeweils 30 Euro) oder auch Reichs-Reisepässe (für 90 Euro) beantragt werden. Auch Holzapfel besitzt ein solches „echtes staatliches Reichsdokument“. Den Druck und Vertrieb übernimmt sein Mitstreiter Erhard L. — „ein normaler, vernünftiger Typ, der irgendwo im Großraum Frankfurt wohnt“, sagt Holzapfel. Zu seiner „Interessensgemeinschaft“, wie der Kaarster selbst sagt, gehören sieben bis zehn Leute, regelmäßig treffe man sich in Mönchengladbach.
Das Innenministerium NRW nennt die „Gemeinschaft“ in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen als eine der sieben aktivsten Reichsbürger-Gruppen im Land. Der Verfassungsschutz beobachtet sie seit Jahren und beschreibt sie als „Kleinstgruppe“ mit „wirtschaftlichem Interesse“. Holzapfel jedoch sagt: „Bundesweit sind wir viele.“
Tatsächlich will der Verfassungsschutz bundesweit 12 600 Reichsbürger identifiziert haben — teils mit hochgefährlichem Verhalten. So erschoss ein Reichsbürger im Oktober 2016 in Bayern einen Polizisten, in Sachsen-Anhalt wurde ein Beamter beim Versuch, einen Räumungsbefehl durchzusetzen, von einem Reichsbürger erschossen. In NRW zählten die Behörden im Mai 2017 143 Sympathisanten mit Waffenschein.
Von solchen Aktionen wollen sich der Kaarster und seine Mitstreiter klar distanzieren. Zumal Holzapfel selbst nicht mal den deutschen Staat ablehnt, wie er sagt. „Einen eigenen Staat auszurufen ist kompletter Blödsinn“, stellt er fest. Unter Reichsbürgern eine ungewöhnliche Ansicht. Unerklärt bleibt, wie das mit der „Reichsdruckerei“ auf seinem Gelände zusammenpasst.
Genauso unklar ist, wie seine Mitgliedschaft in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppe und seine Position als zweiter Vorsitzender der Afrika-Hilfe zusammenpassen. Holzapfel selbst sagt: „Wir helfen dort, wo die Spendengelder des Staats versickern.“ Im vergangenen Jahr sammelte die Organisation 4000 Euro Spenden und baute davon einen Brunnen in Kenia. Doch der frühere Geschäftsführer Manfred Stranz sagt heute über Holzapfel: „Ich ahnte seine Ideologie, sah seinen Reichspass und bin vor einem Jahr ausgetreten.“