Stadtfinanzen in Neuss Ein Haushalt voller Kompromisse

Neuss · Von herausfordernd bis unsexy reichen die Bewertungen des Etats durch die Politik. Beschlossen wurde er nur von der Mehrheit von SPD, Grünen und UWG/Aktiv – obwohl auch die CDU Erfolge reklamiert.

Die letzte Sitzung des Rates in diesem Jahr war auch die erste dieses Gremiums in der Stadionhalle.

Foto: Andreas Woitschützke

Die Kämmerei hat noch einmal nachgerechnet. Tatsächlich entlasten die Entscheidungen des Finanzausschusses, der vor einigen Tagen abschließend den Etat beriet, die Stadtkasse um 200 000 Euro mehr als gedacht. 1,6 Millionen Euro sind es nun – je nach Sichtweise „nur“ oder „immerhin“. Bürgermeister Reiner Breuer zumindest ist mit diesem Ergebnis der Haushaltskonsolidierung nicht zufrieden, enthielt sich aber am Freitag, als der Rat den Etat mit den Stimmen von SPD, Grünen und UWG/Aktiv – bei Stimmenthaltung von CDU und Linksfraktion sowie Ablehnung durch FDP und AfD – beschloss, jeder Kommentierung.

Wirklich herausgefordert wurde Breuer aber auch nicht. Nicht einmal Roland Sperling von der Linksfraktion teilte – wie sonst immer – in Richtung des Bürgermeisters aus. „Nie war ein Haushalt so unsexy“, stellte Sperling fest, der sich eine kleine „Provokation“ denn doch nicht verkneifen konnte, als er den Vorsitz der Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung, die der Rat am Freitag einrichtete, für sich beanspruchte.

Unsexy macht den Etat, dass trotz zaghafter Konsolidierungsbemühungen am Jahresende 2022 die Ausgleichsrücklage leer und dazu Eigenkapital in einer Größenordnung von 15,5 Millionen Euro verbrannt sein wird. „Unsexy“ aus Sicht der Politik war vermutlich auch, dass sie sich zur Haushaltsdisziplin genötigt sah und sich neue Wünsche versagen musste.

So drehten sich alle Reden vor allem um zwei Themen: Die Haushaltssicherung – und was man trotzdem Gutes tun will. Da machte auch die CDU mit, für die der Fraktionsvorsitzende Sven Schümann Investitionen in den Sport, die Ausstattung aller Schüler mit Tablets und den Verzicht auf höhere Elternbeiträge für die Offene Ganztagsschule als Erfolg der Union reklamierte. In Richtung der neuen Ratsmehrheit stichelte Schümann: „Man muss der Kooperation zugutehalten: Sie zeigen sich mit der Übernahme von CDU-Positionen durchaus lernfähig.“ Seine Fraktion stimmte trotzdem nicht mit Ja. Das aber nicht, weil die Kooperation erneut den Neubau der Dreikönigenschule oder die Sanierung der Pestalozzischule verschiebt, sondern weil sich aus dem Etat noch keine Trendwende in Richtung Haushaltssanierung ablesen lässt.

Ein Klares Nein zum Etat kam nur von FDP und AfD. Für die AfD sprach Dirk Kranefuß, der einen Sparhaushalt einforderte, der den Namen auch verdiene. Die Vorschläge der AfD dazu reichten vom Verzicht auf eine Stadthalle und eine Museumsdependance auf dem Wendersplatz bis zur Schließung der Rathausnebenstellen in Holzheim und Norf.

Getragen und verteidigt wurde der Etat also nur von der Mehrheit mit SPD, Grünen und UWG/Aktiv. Diese hatte, wie Michael Klinkicht (Grüne) darlegte, hart mit sich gerungen, ob Grund- und/oder Gewerbesteuer angehoben werden. In der akuten Situation, in der Unternehmen wie Privathaushalte durch Einnahmeausfälle und steigende Preise belastet sind, habe man davon Abstand genommen, sagt Klinkicht. „Ob uns das auch in Zukunft gelingt, wird sich zeigen.“ Zumal, wie Carsten Thiel (UWG) mit Blick auf die gestiegene Landschaftsumlage ergänzte, die eigenen Vorsätze zum Sparen immer wieder von anderer Seite torpediert würden.

Zusammenfassend stellte Arno Jansen (SPD) die Herausforderungen dieses Haushaltes der Kompromisse heraus: „Wir sollten die Inanspruchnahme des Eigenkapitals reduzieren, ohne dass wir dabei Investitionen in die Zukunft und die Herausforderungen von Digitalisierung, Klimawandel und Verkehrswende aus den Augen verlieren.“