Der Trendsport Jugger erobert Neuss

Unter anderem wird in verschiedenen Jugendzentrem gespielt. Morgen steht ein Turnier an.

Foto: Merlin Bartel

Neuss. Die Sonne scheint auf den Rasen, zehn Jungen stehen sich gegenüber. Dann beginnt Alex Rohde auf der Trommel zu zählen: „3, 2, 1 — Jugger!“ Auf das Kommando hin stürmen die Jugendlichen aufeinander zu, in den Händen halten sie lange Stäbe, Schilder und Ketten. Das Szenario stammt nicht aus einem Action-Blockbuster, sondern spielt sich im Malteser Kinder- und Jugendzentrum in Grimlinghausen ab — die Jungen spielen dort Jugger.

Jugger ist eine neue Trendsportart, die Eigenschaften des Mannschaftssports mit Elementen aus Einzeldisziplinen wie Fechten und Ringen miteinander verbindet. Ziel ist es, den Spielball möglichst oft in das gegnerische Tor zu bringen. Bis hierhin erinnert es an andere Sportarten — nur heißt der Schaumstoffball Jugg und sieht aus wie ein Hundeschädel, das nestähnliche Tor wird als Mal bezeichnet.

Vor einiger Zeit hatten die Kinder und Jugendlichen in Grimlinghausen ersten Kontakt mit der Trendsportart: Gürcan Gövem, Leiter des Kinder- und Jugendzentrums Allerheiligen, kennt Jugger bereits seit vier Jahren. „Über ihn haben wir das Spiel kennengelernt und spielen es seitdem bei uns“, erzählt Alex Rohde, Diplom-Sozialpädagoge und Leiter des Jugendzentrums in Grimlinghausen. Für Jugger wird ein großes Sortiment an Spielgeräten benötigt: Zur Auswahl stehen Stab, Q-Tip, Langpompfe, Kurzpompfe und Schild sowie eine drei Meter lange Kette mit Schwungkörper. „Das Spielmaterial haben wir selbst hergestellt“, sagt Rohde (47). Vier der fünf Feldspieler jedes Teams sind Pompfer und tragen eines der Spielgeräte. Der fünfte ist Läufer und unbewaffnet, er darf als einziger den Jugg tragen und damit Punkte erzielen. Die Pompfer machen dem Läufer mit ihren Pompfen den Weg zum Mal frei und hindern die Gegner daran, Punkte zu erzielen. Wird ein Spieler von einer Pompfe getroffen, muss er sich auf den Boden knien und eine kurze Zeit lang aussetzen. „Jugger ist ein Taktiksport, in dem es um Fairness, Teamfähigkeit und Spaß geht“, sagt Rohde.

Ihren Ursprung hat die neue Trendsportart in der Filmbranche: Der Endzeit-Film „Die Jugger — Kampf der Besten“ von 1989 ist Namensgeber des Sports. Regisseur David Webb Peoples erfand das Spiel für die Handlung. Während jedoch im Film umherziehende Mannschaften in brutalen Kämpfen um ihren kargen Lebensunterhalt spielen, wird Jugger in Neuss friedlich ausgetragen. Alle Spielgeräte sind aus Schaumstoff gefertigt. „Jugger sieht martialisch aus, aber es geht fair zu. Kopf- und Handtreffer sind verboten und es ist für Jungen und Mädchen ab acht Jahren geeignet“, sagt der Zentrumsleiter. Beim Jugger wird in gemischten Teams gespielt.

Nach jedem erzielten Punkt stellen sich die Mannschaften wieder hinter ihrer Grundlinie auf, der Jugg wird in die Mitte des für gewöhnlich 40 Meter langen Feldes gelegt. Die reine Spielzeit beträgt rund fünf Minuten, abgezählt an Trommelschlägen. „Wir sind immer offen für neue Spieler und Teams“, sagt Rohde. Trainiert wird im Grimlinghausener Kinder- und Jugendzentrum einmal in der Woche. „Es ist schön zu sehen, dass Jugger sehr viele Jugendliche anlockt, die ansonsten keinen Sport treiben und häufig am Computer spielen“, sagt er.

Morgen findet in Neuss ein großes Jugger-Turnier am Geschwister-Scholl-Haus statt. Wie bereits im Vorjahr nehmen sieben Kinder- und Jugendzentren aus Neuss daran teil: die Lebenshilfe KiJuZe Allerheiligen, Kontakt Erfttal, Greyhound Connect, Malteser JZ Grimlinghausen, Haus Derikum, Haus der Jugend und Greyhound Pier 1. Im vergangenen Jahr gewann das Team aus Grimlinghausen den Wanderpokal. Seitdem hat dieser einen Ehrenplatz an der Wand im KiJuZe — und dort soll er auch bleiben, wenn es nach dem 16-jährigen Jona Fincke geht: „Wir wollen unseren Titel verteidigen.“