Dezernent sieht soziale Missstände
Ralf Hörsken sprach mit Bürgern über die Zukunft der Stadt Neuss.
Neuss. Mehr Mut, Tatkraft und neue Ideen. Mit diesem Dreiklang schließt Ralf Hörsken am Dienstagabend seinen Vortrag auf Einladung der Neusser Bürgergesellschaft. Gut zwei Stunden hat der Beigeordnete für Jugend, Integration und Soziales zuvor zum Thema „Ist Neuss im Jahr 2017 überhaupt noch eine ,soziale Großstadt’?“ gesprochen. Mut, Tatkraft und neue Ideen brauche die Stadt, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Was der Sozialdezernent vermisst: herausragende sozialpolitische Köpfe und entschlossenes Handeln. Das schließlich hat Neuss über Jahrzehnte zu einer sozialen Großstadt gemacht. „Ein solches Grund- und Selbstverständnis, das keine Selbstverständlichkeit ist, kenne ich sonst nur aus einer anderen Stadt: Nürnberg“, sagt Hörsken. Aber wie ist es um die Zukunft bestellt? Da mahnt Hörsken Handlungsbedarf und Entschlossenheit an. „Es wird viel drum herum geredet, auch im Rat“, sagt er.
Ralf Hörsken beginnt seinen Vortrag mit einem historischen Exkurs, zwischendurch blitzen Rheinischer Kapitalismus und katholische Soziallehre immer wieder auf. Hörsken skizziert die Neusser Sozialpolitik seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert, die stets auch von Unternehmern, die sich für das Wohl der Bevölkerung einsetzten, getragen wurde. Es passt, dass der Vortrag in den Räumen der Bürgergesellschaft stattfindet. Über die Jahrzehnte waren es auch immer Neusser Bürger und Unternehmer, die soziale Verantwortung übernahmen. Sie trieb eine Grundüberzeugung an, die J.-Andreas Werhahn, Präsident der Bürgergesellschaft, auf den Punkt bringt: „Man muss sich engagieren für die Gemeinschaft.“
Statt passiv auf das Engagement anderer zu setzen, gilt es, dass sich wieder mehr Menschen aktiv einbringen. Hörsken entwirft mit Blick auf die soziale Großstadt Neuss daher keine „verbale Hochglanzbroschüre“. In Zeiten, in denen Neuss bereits 53,7 Prozent im Haushalt für Transfer-Aufwendungen ausgibt, gibt es schließlich viel zu tun.
Zu den Herausforderungen zählt die Schaffung bezahlbaren Wohnraums. „Oft können Alleinstehende im Alter ihre Miete nicht mehr alleine stemmen“, sagt Hörsken. Zweitens müssen neue Kindertagesstätten geschaffen werden. Und drittens ist Neuss noch lange keine inklusive Stadt. „Für über 6000 Kinder in den Kitas gibt es nur 28 inklusive Plätze, eine nicht hinnehmbare Unterdeckung“, betont Hörsken.
Zudem wandelt sich die Gesellschaft, von Familienstrukturen über die Demografie bis hin zu Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für ehrenamtliche Tätigkeiten fehlt vielen die Zeit. Dabei ist dies unabdingbar: der Einsatz für die Gemeinschaft.