Ein Dorf wartet aufs Internet

Gruissem bemüht sich seit zwei Jahren bei der Deutschen Glasfaser um eine schnelle Verbindung.

Foto: wilp

Gruissem. Was die Internet-Geschwindigkeit im Dorf betrifft, findet René Michels nur ein Wort: „Katastrophal“. Und es gibt wohl kaum jemanden in Gruissem, der ihm da widerspricht. Mit etwas Glück seien maximal sechs Megabit pro Sekunde (Mbit/s) drin — „aber das ist schon das allerhöchste der Gefühle“, berichtet der 39-Jährige. So um die zwei bis drei Mbit/s seien normal.

Kein Wunder, dass die Gruissemer mit etwas Neid auf die anderen Orte in Grevenbroich blicken, in denen mit 100 Mbit/s und schneller durchs Netz gesurft werden kann. Was die Bewohner des Dorfs gerne hätten: einen Anschluss der Deutschen Glasfaser, wie er in den Nachbarorten bereits realisiert wurde. Darum haben sich die Gruissemer bereits vor mehr als zwei Jahren in Eigeninitiative bemüht — und die erforderliche Nachfrage-Quote von 40 Prozent locker getoppt. „Wir sind auf 61 Prozent gekommen“, schildert Michels. Die unterzeichneten Aufträge wurden einem Vertreter der Deutschen Glasfaser überreicht — und seitdem müssen sich die Gruissemer in Geduld üben.

Zwar hat René Michels immer wieder den Kontakt zu dem Unternehmen gesucht, doch bislang keine konkreten Antworten erhalten, geschweige denn etwas erreichen können. „Dabei ist die Lage unseres Dorfs doch hervorragend“, meint er. Der in der Nachbarschaft liegende Ort Münchrath sei mit Glasfaser versorgt, von dort aus führe ein Leerrohr des Versorgers GWG bis in die Gruissemer Ortsmitte — „darüber wäre es recht leicht, einen Anschluss herzustellen“.

Nicole Killinger, Anwohnerin

Bevor in diesem Sommer die Hauptwasserleitung im Ort erneuert wurde, hatte Michels die Deutsche Glasfaser angeschrieben und darauf hingewiesen, dass die Straße geöffnet werde — das sei eine gute Möglichkeit, um Leerrohre für einen schnellen Internet-Anschluss zu verlegen. „Es wurde mir zugesagt, dass Synergien geprüft werden sollen“, sagt der 39-Jährige. Danach habe er nichts mehr gehört Mittlerweile ist die Straße asphaltiert.

„Die Internet-Versorgung im Dorf ist grottenschlecht“, beklagt auch Anwohnerin Nicole Killinger (49). Was sie ärgert: Auf der Homepage der Deutschen Glasfaser ist Gruissem unter dem Link „Verfügbarkeit“ anwählbar. „Wir gelten offenbar als versorgtes Gebiet“, sagt René Michales. „Wahrscheinlich meldet sich deshalb auch kein anderer Anbieter bei uns — zum Beispiel die Telekom.“ Den Gruissemern sei es mittlerweile egal, wer sie mit schnellem Internet versorgt — „Hauptsache es macht jemand“.

Wie Carina Lucas von der städtischen Wirtschaftsförderung betont, ist die Deutsche Glasfaser zurzeit in Abstimmungsgesprächen mit GWG. „Ich hoffe, dass dabei ein guter Weg für die ursprünglich gemeinsam mit Allrath und Barrenstein geplante Glasfaserversorgung von Gruissem gefunden wird“, sagte Lucas. Vom Unternehmen Deutsche Glasfaser war gestern keine Auskunft zum derzeitigen Stand der Dinge zu erhalten.