Erster Nachweis für Neandertaler in Neuss

Der Archäologie-Arbeitskreis hat ein bis zu 300 000 Jahre altes Relikt gefunden.

Foto: Lothar Berns

Holzheim. Mehr als 25 Kilometer trennen den Neusser Stadtteil Holzheim und das Neandertal, das zwischen Erkrath und Mettmann liegt und eigentlich als Heimat des Homo neanderthalensis gilt. Doch die Neandertaler müssen einen guten Grund gehabt haben, vor tausenden Jahren den Rhein zu überqueren und die gesamte Strecke zu Fuß zurückzulegen. „Sie haben sich der Herdenwanderung angeschlossen“, sagt Bernd Gerigk (71). „Sie sind dem Essen hinterhergelaufen.“

Dass der Heimatforscher vom Archäologie-Arbeitskreis des Heimatvereins Holzheim mit dieser These richtig liegen könnte, beweist der jüngste archäologische Fund in Holzheim: Auf einem Acker haben zwei Mitglieder des Heimatvereins einen Faustkeil entdeckt, der das Vorkommen der Neandertaler belegt. Er könnte zwischen 50 000 und 300 000 Jahre alt sein. Dass dieser erste Fund in der Region geglückt ist, ist vor allem dem Zufall zu verdanken.

Als sich der Rhein vor 127.000 Jahren zurückzog und fortan nicht mehr über das heutige Neusser Stadtgebiet floss, da bildete sich eine feinsandige Erdschicht. Zum Glück für die Holzheimer Heimatforscher: Der Sand bedeckte und bewahrte den Faustkeil. Für Laien sieht er aus wie ein einfacher, spitzer Stein, zwei Finger breit und keine zehn Zentimeter lang. Aufgehoben, gesäubert und untersucht aber, konnten Forscher des Neanderthalmuseums in Mettmann den Faustkeil als Werkzeug der Neandertaler identifizieren.

Seit Jahrzehnten gibt die Geschichte der Neandertaler Forschern weltweit Rätsel auf. Die menschlichen Vorfahren mussten sich extremen klimatischen Bedingungen anpassen. Eiszeiten, aber auch Hitzeperioden gehörten dazu. Warum er ausstarb, ist ungeklärt. Mittlerweile gilt als sicher, dass der moderne Mensch bis zu vier Prozent der Genetik des Neandertalers in sich trägt.

„Wir kennen uns zwar in der Steinzeit schon gut aus, aber das Wissen über die Altsteinzeit müssen wir uns jetzt erstmal aneignen“, sagt Bernd Gerigk. Dieser erste Holzheimer Fund ist eine kleine Sensation, weil er erst der dritte Fund am linken Niederrhein ist, erklärt Gerigk: „Es gibt sonst derzeit nur Funde in Rheindahlen und in Inden.“ In Holzheim seien die geologischen Voraussetzungen für weitere Funde aber günstig. bal