Falken lieben Grevenbroich
Die Raubvögel brüten an Kraftwerken und Baggern im Tagebau. Der Bestand der Art hat sich dank solcher Plätze wieder stabilisiert.
Grevenbroich. Sie sind die schnellsten Tiere der Welt: Wanderfalken. Sie erreichen im Sturzflug Geschwindigkeiten von mehr als 300 Kilometern pro Stunde. Genauso rasant verschwanden die Raubvögel vor einem halben Jahrhundert aber von der Bildfläche. Sie galten in NRW als ausgestorben. Inzwischen haben sich die Bestände wieder erholt, teilt der Naturschutzbund NABU mit. Insgesamt 208 Paare gab es im vergangenen Jahr in NRW, einige von ihnen in Grevenbroich und Umgebung. „Die Vögel brüten hier an Kraftwerken und sogar an Baggern und Absetzern im Tagebau. Das ist wirklich faszinierend“, sagt der städtische Umweltschutzbeauftragte Norbert Wolf.
Normalerweise brüten die Raubvögel an Felsen. Häufig gibt es den Wanderfalken daher beispielsweise am Drachenfels im Siebengebirge. Felsen sind hier in der Region aber rar gesät. „Deshalb haben sich die Tiere sogenannte ,Kunst-Felsen’ gesucht“, erklärt Wolf. Dazu gehört auch das Kraftwerk in Frimmersdorf. Das Nest dort ist laut Wolf eines der produktivsten im Regierungsbezirk Düsseldorf. „Pro Jahr gibt es dort meist vier Junge“, berichtet Wolf, der selbst schon die über 100 Meter zum Nest hochgeklettert ist. Dort werden die Vögel vermessen, gewogen und auf Krankheiten untersucht. „Außerdem bekommen sie einen Ring ans Bein“, sagt Wolf. So können die Forscher nachvollziehen, wo die Tiere heimisch werden, nachdem sie flügge geworden sind. „Ein Tier hat es sogar bis an ein Heizkraftwerk in den Niederlanden verschlagen“, berichtet Norbert Wolf. Die meisten Vögel halten sich aber in einem Radius von bis zu 100 Kilometern auf. In Grevenbroich gibt es laut dem Kentnissstand von Wolf mindestens drei Wanderfalkenpaare, auch am Kraftwerk Neurath.
„Außerdem benutzen die Falken alte Krähennester an Absetzern und Baggern im Tagebau“, sagt Wolf. Die Tiere nisten in großer Höhe an den Stahlträgern, „und sie lassen sich selbst mit Jungtieren nicht davon stören, wenn der Absetzer weiterfährt“, sagt Wolf und schmunzelt. Er hat durch die Falken schon einige atemberaubende Anblicke erlebt. An der Gustorfer Höhe konnte er einmal eine Falkenmutter mit mehreren Jungtieren beim Sturzflug-Training beobachten. „Die Mutter ist mit der Beute in den Krallen ganz hoch geflogen und hat diese irgendwann fallen lassen. Der Nachwuchs ist dann im vollen Tempo hinterher geschossen“, beschreibt Wolf das Bild. „Solche Erlebnisse sind natürlich grandios — und neben dem ökologischen Nutzen des Falken ein wichtiger Grund dafür, warum wir die Vögel hier wirklich sehr gerne sehen“, sagt Wolf.
Damit sich die Wanderfalken in Grevenbroich auch in Zukunft heimisch fühlen, werden jetzt Maßnahmen ergriffen. Denn das Problem: Was mit den Kraftwerken nach dem Ende der Braunkohle passiert, ist ungewiss. „Deshalb suchen wir jetzt schon neue Brutplätze für die Falken, um sie daran zu gewöhnen“, sagt Wolf. Momentan gebe es erste vielversprechende Gespräche mit einem Unternehmen an der Aluminiumstraße. „Es wäre toll, wenn wir den Falken auf diese Weise ein dauerhaftes Zuhause bieten könnten“, hofft Wolf.